Fast 11.000 Verdachtsfälle von ärztlichen Kunstfehlern haben die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern 2019 beschäftigt. Wie oft sich die Vermutung bestätigte, in welchen Bereichen am meisten gepfuscht wurde und welche Mängelarten die häufigsten sind.

Die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern haben jüngst ihre Behandlungsfehler-Statistik für das Jahr 2019 in Deutschland vorgestellt. Insgesamt gingen sie rund 11.000 Vorwürfen von Fehlbehandlung nach. In etwa 1.900 Fällen hat sich dieser Verdacht bestätigt. Bei 80 Prozent davon wurde der Behandlungsfehler als Ursache für einen Gesundheitsschaden ermittelt, der einen Anspruch des Patienten auf Entschädigung nach sich zog.

Im vergangenen Jahr wurden 10.705 Begutachtungsanträge zu vermuteten Behandlungsfehlern gestellt. Das entspricht einem leichten Rückgang von 1,2 Prozent im Vergleich zum Jahr zuvor. Dies zeigt die aktuelle Behandlungsfehler-Statistik, welche die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern vor Kurzem vorgestellt haben.

Knapp 10.500 Anträge wurden erledigt

Wie die „Statistische Erhebung der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen für das Statistikjahr 2019“ der Bundesärztekammer weiter zeigt, wurden im Berichtsjahr 10.436 Anträge erledigt – das ist ein Plus von 5,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In 6.412 Fällen hat die zuständige Kommission beziehungsweise Schlichtungsstelle eine Sachentscheidung getroffen.

In rund 70 Prozent (2018: etwa zwei Drittel) der Beschwerden wurden ein Behandlungsfehler oder Risikoaufklärungsmängel verneint. In 1.871 Fällen (2018: 1.817 Fällen) kam die zuständige Stelle zu dem Schluss, dass ein Behandlungsfehler vorgelegen hat. In 29 weiteren Fällen (2018: 41 Fällen) wurde nur ein Risikoaufklärungsmangel bejaht.

Fast 1.600 dokumentierte Gesundheitsschäden durch Ärztefehler

Dem Datenmaterial ist weiter zu entnehmen, dass in mehr als vier von fünf der 1.871 Fälle – konkret bei insgesamt 1.568 Ereignissen (2018 waren es 1.499 Fälle) – ein bestätigter Behandlungsfehler oder Risikoaufklärungsmangel ursächlich für einen Gesundheitsschaden war.

Unverändert kam es bei etwa jedem 100. Behandlungsirrtum, nämlich bei 17 Fehlhandlungen, die einen Gesundheitsschaden zur Folge hatten, zu einem geringfügigen Schaden.

Etwa jeder 18. Behandlungsfehler mit Gesundheitsschaden, das waren konkret 87 Fälle, hatte dagegen tödliche Folgen. Von den 1.568 Behandlungsfehlern mit gesundheitlichen Folgen führten zudem 601 zu einem Dauerschaden und 863 zu einem vorübergehenden Gesundheitsschaden.

Problemfelder Knie- und Hüftgelenksarthrosen

Die meisten der über 6.400 getroffenen Sachentscheidungen wegen Fehlbehandlungen, nämlich jeweils rund 200, betrafen Diagnosen (nach dem dreistelligen ICD-10-Schlüssel) von Kniegelenksarthrosen (M17). Knapp dahinter folgten, wie im Vorjahr, Hüftgelenksarthrosen (M16).

An dritter bis fünfter Stelle liegen dicht beieinander mit 145 Fällen Unterschenkel- und Sprunggelenksbrüche (S82), mit 142 Fällen Oberschenkelfrakturen (S72) sowie mit 132 Fällen Unterarmbrüche (S52). Vergleichsweise häufig passierten Missgriffe, nämlich bei 100 Fällen, auch bei Frakturen von Schulter und Oberarm (S42).

Der größte Anteil der Begutachtungsanträge entfiel auf das Feld Unfallchirurgie/Orthopädie. Bei den niedergelassenen Ärzten traf dies auf 409 von 1.797 Fällen zu. Im Krankenhausbereich waren 1.757 von 5.518 Fällen betroffen. In letzterem Segment liegen die Fachgebiete Allgemeinchirurgie und Innere Medizin an zweiter und dritter Stelle. Bei den niedergelassenen Medizinern waren hausärztlich tätige Ärzte am zweithäufigsten betroffen. Dahinter folgt der Bereich Augenheilkunde. Größere Rangverschiebungen im Vergleich zum Vorjahr gab es nicht.

Die häufigsten Fehlerarten

In der Statistik werden auch die häufigsten Ursachen aufgelistet. Bei den niedergelassenen Doktoren passierten am häufigsten Fehler im Segment Diagnostik (bildgebende Verfahren). An zweiter bis dritter Stelle liegen Unzulänglichkeiten während der Anamnese beziehungsweise Untersuchung sowie während Zusatzuntersuchungen wie etwa im Labor.

Im Krankenhausbereich geschahen die meisten Missgriffe während einer Operation. Dahinter folgen die Bereiche Diagnostik (bildgebende Verfahren), Indikation und postoperative Therapiemaßnahmen.

Weitere Informationen zur Darlegungs- und Beweislast sowie Definitionen der Begriffe „Behandlungsfehler“ und „Gesundheitsschaden“ können im Webportal der Bundesärztekammer nachgelesen werden.

Keine systematische Erfassung

Eine Statistik zu Behandlungsfehlern legen im Jahresturnus auch die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) vor. Im Berichtsjahr 2018 bestätigte sich in jedem vierten der über 14.100 Vorwürfe von Fehlbehandlung der Verdacht auf einen Behandlungsfehler.

Obwohl als Nebeneffekt der Statistik, „die umfangreichsten Informationen über begutachtete Behandlungsfehler in Deutschland enthalten sind, können diese Daten weder vollständig die tatsächlich stattfindenden Fehler abbilden noch repräsentativ für diese sein“, wird in der Publikation ausgeführt.

Deshalb seien valide Rückschlüsse auf die allgemeine Fehlerhäufigkeit und das damit assoziierte Niveau der Patientensicherheit in Deutschland leider nicht möglich. Zudem wird darauf hingewiesen, dass in Deutschland – im Gegensatz zu vielen anderen Ländern – keine Behandlungsfehler-Statistik existiere, mit der im epidemiologischen Sinne gezielt Behandlungsfehler erfasst würden.

Die Rechte von Patienten bei Behandlungsfehlern

Der zweiseitige Flyer „Was Versicherte wissen sollten“ gibt Auskunft über die Rechte, die ein Patient im Falle eines vermuteten Behandlungsfehlers hat. Er kann kostenfrei im Webportal des Herausgebers, des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS), heruntergeladen werden.

Der MDS informiert zudem in einem weiteren kostenlos downloadbaren vierseitigen PDF-Dokument darüber, wie bei der Begutachtung von Behandlungsfehlern vorgegangen wird und wann Versicherte Anspruch auf Schadenersatz haben.

Wer nicht gesetzlich, sondern privat krankenversichert ist, kann sich im Falle einer vermuteten Fehlbehandlung an seine private Krankenversicherung wenden, um mögliche Unterstützungsmaßnahmen durch den Versicherer zu klären. Eine weitere Anlaufstelle für gesetzlich oder privat Krankenversicherte ist die Unabhängige Patientenberatung Deutschland gGmbH (UPD), die in ihrem Webportal über Patientenrechte und andere Gesundheitsthemen informiert.

Quelle: (verpd)

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden.
Datenschutzerklärung Verstanden