Warum man die Möglichkeit mit Minusarbeitsstunden in den nächsten Monat zu gehen, wie es oftmals eine vereinbarte Gleitzeit erlaubt, nicht über Gebühr beanspruchen sollte, belegt ein Gerichtsurteil.

Das beharrliche Überschreiten der zulässigen Zahl von Minusstunden kann ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung eines ordentlich nicht mehr kündbaren Angestellten sein. Das gilt insbesondere dann, wenn der Betroffene zuvor bereits wegen Verstößen gegen die Arbeitszeitbestimmungen seines Arbeitgebers abgemahnt wurde, so das Landesarbeitsgericht Hamburg in einem Urteil (Az.: 5 Sa 19/16).

Das seit über 20 Jahren bestehende Arbeitsverhältnis verlief zwischen einem Arbeitgeber und seinem Arbeitnehmer zunächst harmonisch.

Das änderte sich jedoch aufgrund diverser Fehlverhalten seitens des Arbeitnehmers. Unter anderem überschritt er regelmäßig die höchstzulässigen Minusstunden seines Arbeitszeitkontos. Gemäß einer Dienstvereinbarung waren maximal 20 Minusstunden zulässig. Der Arbeitgeber sprach unter anderem deswegen gegen den Arbeitnehmer im Laufe der Zeit eine Vielzahl von Abmahnungen aus.

55 Minusstunden

Doch obwohl zwischen dem Arbeitnehmer und seinem Vorgesetzten wiederholt Gespräche wegen seiner Arbeitsbereitschaft geführt wurden und der Beschäftigte zugesichert hatte, das Arbeitszeitkonto schnellstmöglich wieder ins Plus zu führen, häuften sich immer mehr Minusstunden an.

Nachdem alle Gespräche und Abmahnungen nicht gefruchtet hatten und der Arbeitnehmer Ende Mai 2015 mehr als 55 Minusstunden angehäuft hatte, riss dem Arbeitgeber der Geduldsfaden. Er setzte den nicht mehr ordentlich kündbaren Arbeitnehmer mit Zustimmung der Personalvertretung fristlos vor die Tür.

Der Arbeitnehmer setzte sich gegen seine Entlassung zur Wehr und klagte dagegen vor Gericht. Sein Argument: Zu keiner Zeit sei ihm angedroht worden, dass sein Arbeitsverhältnis beendet werde, wenn er den Minussaldo nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder auf das zulässige Maß zurückführe. Er war der Meinung, vor einer Kündigung auf jeden Fall entsprechend abgemahnt werden zu müssen.

Beharrlicher Pflichtverstoß

Damit hatte der Kläger zunächst Erfolg. Das in erster Instanz mit dem Fall befasste Arbeitsgericht stimmte mit ihm darin überein, dass er und sein Dienstvorgesetzter gemeinsam dafür hätten sorgen müssen, das Arbeitszeitkonto wieder ins Plus zu führen. Da das nicht geschehen sei, hätte der Kläger vor einer Kündigung zunächst abgemahnt werden müssen. Eine Abmahnung sei jedoch nicht erfolgt. Die Kündigung sei daher ungerechtfertigt.

Doch dem wollten sich die Richter des Hamburger Landesarbeitsgerichts nicht anschließen. Sie gaben der Berufung des Arbeitgebers gegen das erstinstanzliche Urteil statt. Nach Ansicht der Richter ist es unstreitig, dass der Kläger beharrlich gegen seine arbeitsvertragliche Verpflichtung, auf seinem Arbeitszeitkonto keine Minusstunden von mehr als 20 Stunden anzusammeln, verstoßen hat.

Auch Aufforderungen seines Vorgesetzten sowie schriftliche Abmahnungen hätten daran nichts geändert. Im Gegenteil. Nach manchen dieser Gespräche seien die Minusstunden kurz darauf weiter in signifikanter Weise angestiegen. Das habe dazu geführt, dass Aufgaben des Klägers unerledigt blieben beziehungsweise von seinen Kolleginnen und Kollegen miterledigt werden mussten.

Höchstmaß an Geduld

Angesichts dieses Verhaltens war der Arbeitgeber des Klägers nach Ansicht des Hamburger Landesarbeitsgerichts trotz des langjährigen Arbeitsverhältnisses dazu berechtigt, ihn fristlos zu entlassen. Wegen der Beharrlichkeit seines Fehlverhaltens habe der Kläger zuvor auch nicht abgemahnt werden müssen. Denn sein Verhalten habe deutlich gemacht, dass weitere Abmahnungen den Fall nicht hätten lösen können.

„Die Beklagte hat im Umgang mit dem Kläger ein Höchstmaß an Geduld gezeigt und mehrfach versucht, seine Eigenwilligkeiten in den Griff zu kriegen. Das ist misslungen. Ihr Interesse an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses überwiegt daher“, heißt es dazu abschließend in der Urteilsbegründung. Übrigens: Nicht immer ist im Gegensatz zu dem geschilderten Fall eine Kündigung gerechtfertigt. Daher kann der Weg vor das Arbeitsgericht für den Arbeitnehmer durchaus sinnvoll sein.

Doch bei Arbeitsrechtsverfahren muss jede Streitpartei – auch diejenige, die den Rechtsstreit gewinnt – die eigenen Prozesskosten wie ihre Anwaltskosten selbst bezahlen. Arbeitnehmer, die eine passende Rechtsschutz-Versicherung haben, entgehen jedoch diesem Kostenrisiko. Eine Rechtsschutz-Police, bei der ein Berufsrechtsschutz enthalten ist, übernimmt nämlich unter anderem diese Kosten, wenn der Rechtsschutz-Versicherer vorher eine Leistungszusage gegeben hat.

Quelle: (verpd)

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