Das Bundesarbeitsgericht hat sich mit der Frage befasst, ob ein Arbeitnehmer, der während eines laufenden Kalenderjahres aus den Diensten seines Arbeitgebers ausscheidet, einen Anspruch auf eine bisher jährlich bezahlte Sondervergütung hat.

Erfüllt eine jährliche Sonderzahlung eines Arbeitgebers ganz offenkundig den Zweck, damit zusätzlich die Arbeitsleistung zu vergüten, so erlischt der Anspruch nicht deswegen, weil ein Beschäftigter vor Ende eines laufenden Jahres den Betrieb verlässt. Das geht aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts hervor (Az.: 10 AZR 266/14).

Ein Mann war über acht Jahre für seinen Arbeitgeber als Bauleiter tätig. Er erhielt neben seinem Gehalt ein Weihnachtsgeld sowie jeweils am 10. Januar des Folgejahres einen als „Sonderzahlung“ für das vergangene Jahr ausgewiesenen Betrag. Diese Sonderzahlung betrug in den beiden Jahren vor dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Betrieb jeweils 12.500 Euro und damit rund 15 Prozent seiner Gesamtvergütung.

Da der Mann im Laufe des neunten Jahres seiner Betriebszugehörigkeit, konkret Mitte November, aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden war, lehnte es sein damaliger Arbeitgeber ab, ihm für das Jahr seines Ausscheidens die Sondervergütung zu gewähren. Nach Ansicht des Arbeitgebers setzt ein Anspruch auf eine Sonderzahlung voraus, dass ein Arbeitnehmer nicht unterjährig einen Betrieb verlasse. Dagegen wehrte sich der Arbeitnehmer und ging vor Gericht.

Sieg in letzter Instanz

Allerdings wurde zunächst die Rechtsauffassung des Arbeitgebers vom Landesarbeitsgericht bestätigt. Es schloss sich zwar der Auffassung des Klägers an, dass er wegen der mehrmaligen aufeinanderfolgenden Zahlungen einen Rechtsanspruch auf die Sondervergütung erworben habe. Wegen seines unterjährigen Ausscheidens sei dieser Anspruch jedoch für das Jahr 2010 erloschen.

Dieser Entscheidung des Landgerichts widersprachen jedoch die Richter des von dem Kläger in letzter Instanz angerufenen Bundesarbeitsgerichts (BAG). Sie gaben der Revision des Arbeitnehmers statt. Laut BAG kommt es bei der Beantwortung der Frage, ob ein Anspruch auf Zahlung einer Sondervergütung auch dann besteht, wenn ein Beschäftigter unterjährig aus den Diensten seines Arbeitgebers ausscheidet, entscheidend darauf an, welcher Zweck mit der Vergütung verfolgt wird.

Hat sie nämlich den Charakter einer zusätzlichen Gegenleistung des Arbeitgebers für erbrachte Arbeitsleistungen, so besteht auch bei vorzeitigem Ausscheiden aus den Diensten des Arbeitgebers durchaus ein Rechtsanspruch auf eine zumindest anteilige Zahlung.

Die maßgeblichen Punkte

Ob ein Anspruch besteht, ist nach Auffassung der Richter durch Auslegung der vertraglichen Vereinbarung zu ermitteln.

Maßgeblich sind dabei im Wesentlichen folgende Punkte:

  • „Der Vergütungscharakter ist eindeutig, wenn die Sonderzahlung an das Erreichen quantitativer oder qualitativer Ziele geknüpft ist.
  • Macht die Zahlung einen wesentlichen Anteil der Gesamtvergütung des Arbeitnehmers aus, handelt es sich gleichfalls regelmäßig um Arbeitsentgelt, das als Gegenleistung zur erbrachten Arbeitsleistung geschuldet wird.
  • Wird die Zahlung erbracht, ohne dass weitere Anspruchs-Voraussetzungen vereinbart sind, spricht dies ebenfalls dafür, dass die Sonderzahlung als Gegenleistung für die Arbeitsleistung geschuldet wird.
  • Gleiches gilt, wenn die Höhe der Leistung nach der vom Arbeitgeber getroffenen Zweckbestimmung vom Betriebsergebnis abhängt“, 

heißt es in der Urteilsbegründung.

Will ein Arbeitgeber andere Zwecke als die Vergütung der Arbeitsleistung verfolgen, so muss sich dies deutlich aus der zugrunde liegenden Vereinbarung ergeben. So können Sonderzahlungen zum Beispiel als Treue- oder Halteprämie deklariert werden, deren Merkmal es ist, dass die Zahlung nicht von einer bestimmten Arbeitsleistung, sondern lediglich vom Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängt.

Nicht unwesentlicher Anteil der Gesamtvergütung

Davon gingen die Richter in dem entschiedenen Fall jedoch nicht aus. Denn die Zahlungen machten mit einem Anteil von rund 15 Prozent einen nicht unwesentlichen Anteil der Gesamtvergütung des Klägers aus. Sie sind daher als zusätzliches Entgelt für seine im Kalenderjahr erbrachte Arbeitsleistung zu verstehen.

Folglich darf die Zahlung für das Jahr des Ausscheidens des Klägers aus den Diensten seines Arbeitgebers nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses bis zum Jahresende abhängig gemacht werden.

Die Sache wurde an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dieses hat nun abschließend über die Höhe des Anspruchs des Klägers zu entscheiden. Das Urteil steht im Wortlaut auf den Internetseiten des Bundesarbeitsgerichts zur Verfügung.

Sonderfall: Arbeitsgericht

Nicht nur das Thema Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld führt zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern immer wieder zu Streitigkeiten. Gibt es keine Einigung und möchte der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber deswegen vor dem Arbeitsgericht klagen, trägt jede Streitpartei ein Kostenrisiko.

Denn im Gegensatz zu anderen Gerichtsbarkeiten muss bei Arbeitsgerichts-Verfahren jede Streitpartei in der ersten Instanz ihre eigenen Rechtsanwaltskosten selbst tragen und zwar unabhängig vom Ergebnis, also ob sie gewonnen oder verloren hat.

Dieses Kostenrisiko lässt sich mit einer Privat- und Berufsrechtsschutz-Versicherung umgehen. Hat ein Arbeitnehmer eine entsprechende Police, übernimmt der Versicherer nämlich im Versicherungsfall, wenn der Versicherer vorher eine Leistungszusage erteilt hat, die Kosten für derartige, aber auch für zahlreiche andere Streitfälle.

Quelle: (verpd)

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