Ein erkrankter Arbeitnehmer, der nach Ablauf der Lohnfortzahlung seiner Krankenkasse verspätet eine Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung vorlegt, verliert einen Teil seiner Krankengeldansprüche. Doch es gibt auch Ausnahmen von dieser Regel.

Händigt ein Arzt den für die Krankenkasse bestimmten Teil des Vordrucks der Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung ungefragt nicht seinem Patienten zur Weiterleitung aus, sondern schickt ihn direkt an die Kasse, dürfen dem Versicherten daraus keine Nachteile erwachsen. Das hat das Sozialgericht Detmold entschieden (Az.: S 5 KR 266/17).

Eine gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmerin war schon längere Zeit krankgeschrieben. Auch nach Ablauf der sechswöchigen Entgeltfortzahlung durch ihren Arbeitgeber wurde ihr vom Arzt weiterhin eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit bestätigt. Um keinen Ärger mit ihrer Krankenkasse bezüglich der Zahlung des Krankengeldes zu bekommen, hatte sich die Frau rechtzeitig zu ihrem Hausarzt begeben, um sich das Fortbestehen ihrer Arbeitsunfähigkeit attestieren zu lassen.

Ist man nämlich voraussichtlich länger krank, als in der bisherigen Krankschreibung des Arztes bestätigt, muss die Folgebescheinigung gemäß Paragraf 46 Fünftes Sozialgesetzbuch spätestens am darauffolgenden Arbeitstag nach dem letzten Krankheitstag der bisherigen Krankschreibung beginnen. Anderenfalls erhält man für die fehlenden, nicht bestätigten Tage kein Krankengeld oder kann unter Umständen sogar seinen Anspruch auf Krankengeld komplett verlieren. Eine nachdatierte Krankschreibung durch den Arzt, um eine Anspruchslücke zu vermeiden, ist im Übrigen nicht gültig.

Verzögerte Weiterleitung

Die Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung (AU), die ein Arzt bei einer Krankschreibung ausstellt, besteht in der Regel aus mehreren Teilen: einem zur Übersendung an die Krankenkasse, einem zur Vorlage beim Arbeitgeber, einem Teil für den Patienten sowie einem zum Verbleib beim Arzt. Bei Krankschreibungen ist es üblich, dass der Arzt den für die Krankenkasse bestimmten Teil der AU-Bescheinigung den Patienten zur Weiterleitung aushändigt. Die AU-Bescheinigung muss der Patient dann selbst zeitnah an die Krankenkasse senden, sodass sie dort innerhalb einer Woche eingeht.

Im genannten Fall jedoch veranlasste der Arzt ungefragt selbst die Weiterleitung der AU-Bescheinigung an die Krankenkasse. Dazu nutzte er einen der Freiumschläge, welcher ihm von der Krankenkasse für anfallenden Schriftwechsel zur Verfügung gestellt worden war. Vermutlich weil der Brief verzögert zur Post gelangte, erreichte die Bescheinigung den Krankenversicherer jedoch erst nach Ablauf der einwöchigen Meldefrist.

Das hatte zur Folge, dass der kranken Arbeitnehmerin erst ab Eingang der Bescheinigung bei dem Versicherer Krankengeld gezahlt werden sollte. Dagegen setzte sie sich jedoch zur Wehr. Nach erfolglosem Widerspruch zog sie gegen ihre Krankenkasse vor Gericht. Mit Erfolg: Das Detmolder Sozialgericht gab ihrer Klage uneingeschränkt statt.

Keine Regel ohne Ausnahme

Die Richter stellten zwar nicht in Abrede, dass Versicherte grundsätzlich dazu verpflichtet sind, selbst rechtzeitig für eine Meldung ihrer Arbeitsunfähigkeit gegenüber ihrem Krankenversicherer zu sorgen. Von dieser Regel gebe es jedoch Ausnahmen. Würden nämlich ohne Verschulden eines Versicherten Verzögerungen bei der Übermittlung einer Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung eintreten, so müsse sich das die Krankenkasse zurechnen lassen. Wegen des Verhaltens ihres Hausarztes habe die Klägerin keine Möglichkeit gehabt, selbst für den rechtzeitigen Zugang der Meldung zu sorgen.

Nach Ansicht des Gerichts sei sie auch nicht dazu verpflichtet gewesen, die Kasse auf andere Weise über das Fortbestehen ihrer Arbeitsunfähigkeit zu informieren. Sie habe sich vielmehr darauf verlassen dürfen, dass ihr Arzt für eine rechtzeitige Übermittlung der Bescheinigung sorgen werde. Der Krankenversicherer könne sich daher auch nicht darauf berufen, dass der für die Klägerin vorgesehene Teil des Vordrucks einen Hinweis enthalten habe, dass eine verspätete Meldung zum Ausschluss von Krankengeld führen könne.

Der Hausarzt der Klägerin habe innerhalb seiner berufsrechtlichen Befugnisse als Vertragsarzt gehandelt. Das hat nach Meinung der Richter zur Folge, dass das Risiko für eine verspätete Zustellung des Formulars bei der Krankenkasse gelegen hat. Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig.

Kostenschutz vor einem Sozialgericht

Wie der Fall zeigt, kann es durchaus sinnvoll sein, sich gerichtlich gegen die Entscheidung eines Sozialversicherungs-Trägers – im geschilderten Fall war es eine gesetzliche Krankenkasse – zu wehren. Zwar sind Verfahren vor einem Sozialgericht hinsichtlich der Gerichtskosten und einschließlich der gerichtlich eingeholten Gutachten für die in der Sozialversicherung Versicherten, für die Leistungsempfänger und für behinderte Menschen kostenlos.

Jedoch muss man die Rechtsanwaltskosten, sofern man den Gerichtsprozess verloren oder einem Vergleich zugestimmt hat, in der Regel selbst übernehmen. Um auch dieses Kostenrisiko zu umgehen, hilft eine Privat- und Berufsrechtsschutz-Versicherung. Eine derartige Police übernimmt im Streitfall unter anderem die Anwaltskosten bei einem Sozialgerichtsstreit, wenn Aussicht auf Erfolg besteht und vorab eine Leistungszusage durch den Rechtsschutzversicherer erteilt wurde.

Eine solche Police übernimmt auch bei zahlreichen anderen Auseinandersetzungen wie beim Einklagen von Schadenersatz oder beim Streit mit dem Arbeitgeber die anfallenden Anwalts- und Prozesskosten. Übrigens: Das Krankengeld der gesetzlichen Krankenversicherung ersetzt nur einen Teil des Einkommens. Besonders Arbeitnehmer mit einem höheren Gehalt müssen bei längeren Krankheiten daher mit erheblichen Einkommenseinbußen rechnen. Diese lassen sich jedoch mit einer privaten Krankentagegeld-Versicherung verhindern.

Quelle: (verpd)

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