Eine Studie hat die soziale Absicherung Selbstständiger in 18 europäischen Ländern untersucht. Das deutsche Sozialsystem konnte hier in vielen Punkten nicht überzeugen.

Mit seinen gesetzlichen Rahmenbedingungen zur sozialen Absicherung Selbstständiger bewegt sich Deutschland im europäischen Mittelfeld. Das geht aus einer Studie hervor, die die sozialen Sicherungssysteme von 18 Ländern untersucht hat. Deutschland liegt mit 72 von 100 Punkten auf Platz neun. Angeführt wird die Tabelle von Österreich, die rote Laterne geht an die Niederlande.

Wie gut sind Selbstständige im internationalen Vergleich sozial abgesichert? Dieser Frage ist das Zentrum für Sozialpolitik (ZeS) der Universität Bremen in einer Untersuchung nachgegangen. Betrachtet wurde die Absicherung von Personen mit gewerblicher oder handwerklicher Tätigkeit. Die qualitative Studie – erstellt im Auftrag der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) und der österreichischen Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft (SVA) – hat die gesetzlichen Grundlagen der Sozialversicherungs-Systeme von 18 europäischen Ländern untersucht.

Die Bewertung folgt einem Ampelsystem: Sofern für eine der zehn „Dimensionen“ – sprich: Vorsorgebereiche – eine Pflichtversicherung vorgesehen ist, gibt es „Grün“ und vier Punkte, bei einer freiwilligen Absicherung „Gelb“ (zwei Punkte), und sofern keine Versicherung vorgesehen ist, „Rot“ (null Punkte). Für steuerfinanzierte Leistungen gibt es „Grau“ (ein Punkt). Familienleistungen und Leistungen zur Existenzsicherung (Blau) wurden mit bis zu zehn Punkten bewertet.

Deutschland auf Platz neun

Die sogenannte „Spitzengruppe“ bilden fünf Länder „mit überdurchschnittlich guter Absicherung der Selbstständigen“. Angeführt wird die Rangliste von Österreich, das sechs Mal „Grün“ erhält und 88 von 100 möglichen Punkte erreicht. Dann geht es jeweils im Zwei-Punkte-Abstand mit Spanien, Finnland, Schweden und Estland weiter.

Deutschland landet im Ranking mit 72 Punkten an neunter Stelle und gehört gemeinsam mit weiteren acht Ländern zur „Hauptgruppe“.

Es erzielt in vier Bereichen eine „grüne“ Bewertung: Alter, Invalidität/Erwerbsminderung, Pflege sowie Tod/Hinterbliebenen-Versicherung. Auf „Gelb“ steht die Ampel in den Bereichen Arbeitslosigkeit, Krankheit, Unfall sowie Mutter- und Vaterschaft.

Nur beschränkte Absicherung von Selbstständigen

Positiv hebt der Bericht Deutschland im Bereich der Pflegevorsorge hervor. In der Studie ist zu lesen: „Auffällig ist, dass bei Pflege (mit Ausnahme von Deutschland und der Schweiz) und Arbeitslosigkeit entweder nur eine freiwillige oder überhaupt keine eigenständige soziale Absicherung besteht.“ Nur Deutschland erreichte beim Pflegerisiko mit seiner gesetzlich vorgeschriebenen Pflegeversicherung eine sehr gute Einstufungen und wurde mit Grün bewertet.

Dass sich Deutschland im Ranking nicht besser platziert, liegt laut Studien-Co-Autor Professor Dr. Stefan Traub vom ZeS daran, dass das System in Bezug auf Selbstständige „sehr restriktiv“ sei.

Vieles werde nur auf Basis einer freiwilligen Absicherung beziehungsweise mit Leistungs-Einschränkungen angeboten. Würde man hingegen die soziale Absicherung Unselbstständiger bewerten, würde Deutschland besser abschneiden, so Traub.

Vier Länder in der Schlussgruppe

In der „Schlussgruppe“ befinden sich vier Länder: „Deutlich unterdurchschnittlich schneiden insbesondere die liberal-angelsächsischen Staaten (Irland, Großbritannien), aber auch Dänemark und die Niederlande ab“, so die Studie. In dieser Gruppe bewegt sich die Punktezahl von 58 (Dänemark) bis 37 (Niederlande).

„Hier orientieren sich Leistungen, soweit überhaupt vorhanden, vorrangig am Prinzip der Armutsvermeidung“, heißt es in der Studie. Sozialleistungen seien weitgehend von der Erwerbstätigkeit entkoppelt. Typisch seien einkommensunabhängige pauschalierte Leistungen wie die dänische „Volksrente“.

In der Gruppe der Länder mit „konservativ-kontinentaleuropäischer“ Absicherungskultur, zu denen auch Deutschland gehört, spiele hingegen der Gedanke der Einkommenserhaltung („Konservierung“) die tragende Rolle.

Studie macht keine quantitativen Aussagen

Die unterschiedliche „Größe“ der einzelnen Risiken wurde in der Studie mit Gewichtungsfaktoren berücksichtigt. Traub betont: Auch wenn man die Gewichtung einzelner Faktoren anders anlegen würde, würde das Ranking nicht substanziell anders aussehen. In der Studie wurde für den Ländervergleich keine quantitative Bewertung von Leistungs- und Anspruchsniveaus vorgenommen. Das Farbschema gebe lediglich Auskunft über den Zugang zu einer Absicherung in jedem Land, heißt es in der Studie, die kostenfrei als PDF-Dokument heruntergeladen werden kann.

Wie die Studie zeigt, gibt es bei den Selbstständigen, und nicht nur da, diverse Absicherungslücken, wenn man sich nur auf die gesetzlichen Sozialversicherungen verlässt. Um beispielsweise im Alter, im Pflegefall, nach einem Unfall oder während einer Krankheit finanziell abgesichert zu sein, ist häufig eine zusätzliche private Vorsorge unabdingbar. Die meisten Selbstständige können beispielsweise zwar freiwillig der gesetzlichen Unfallversicherung beitreten, doch der Versicherungsschutz greift unter anderem in der Freizeit nicht.

Auch unterliegen nicht alle Selbstständigen der gesetzlichen Rentenversicherungs-Pflicht und selbst wenn sie Anspruch auf eine gesetzliche Rente haben, ist die Rentenhöhe deutlich niedriger als das bisherige Erwerbseinkommen. Eine Analyse von einem Fischer & Fischer Versicherungsfachmann zeigt mögliche Absicherungslücken auf. Unser Experte ermittelt auf Wunsch zudem individuell passende Vorsorgelösungen.

(verpd)

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