Der gesetzliche Schutz greift längst nicht in allen Bereichen der Berufstätigkeit, sondern nur in engen Grenzen und unter bestimmten Voraussetzungen.

Die Mehrheit der Unfälle, bei denen Personen zu Schaden kommen, fallen nicht unter den gesetzlichen Unfallschutz. Und selbst ein Unfall auf dem Weg zur oder von der Arbeit wird nur unter bestimmten Voraussetzungen als versicherter Wegeunfall anerkannt, wie diverse Urteile belegen.

Im Jahr 2015 – neuere Zahlen liegen noch nicht vor – haben sich in Deutschland insgesamt rund 9,73 Millionen Unfälle mit Verletzten ereignet. Dies geht aus Untersuchungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) und des Robert-Koch-Instituts hervor. Da es keine einheitliche Erfassung aller Unfälle in Deutschland gibt, greifen die beiden Institutionen auf Schätzungen, basierend auf verschiedenen Unfallstatistiken, zurück. Doch die Mehrheit, nämlich drei von vier dieser Unfälle, sind nicht über die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert.

Dies zeigt eine Statistik der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. (DGUV), die nur Unfälle aufführt, welche über die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert sind. In 2015 wurden hier von den Unfallversicherungs-Trägern der gewerblichen Wirtschaft sowie der öffentlichen Hand knapp 1,05 Millionen meldepflichtige Unfälle sowie rund 1,3 Millionen Unfälle aus dem Bereich der Schüler-Unfallversicherung gemeldet. Damit fielen 2015 etwa 2,4 Millionen Unfälle unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, also weniger als ein Viertel aller Unfälle mit Personenschäden.

Lückenhafter gesetzlicher Unfallversicherungs-Schutz

In der Regel sind nämlich nur Unfälle auf dem Weg zum Kindergarten, zur Schule oder zur Arbeit und wieder zurück nach Hause oder während des Kindergartens, der Schule oder der Berufsausübung über die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt. Zudem ist der Kreis der Versicherten in der gesetzlichen Unfallversicherung begrenzt. Zahlreiche Selbstständige, Hausfrauen und -männer, aber auch Kleinkinder, die nicht in den Kindergarten oder eine andere staatlich anerkannte Tageseinrichtung gehen, zählen meist nicht dazu.

Doch selbst wenn ein Versicherter, zum Beispiel ein Arbeitnehmer, Ansprüche auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat, reichen diese oft nicht aus, um die unfallbedingten Zusatzkosten und die auftretenden Einkommenslücken abzudecken. So gibt es zum Beispiel Entschädigungs-Leistungen – etwa in Form eine Unfallrente – nur in seltenen Fällen und nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen.

Eine Rente wegen Erwerbsminderung zahlt die gesetzliche Unfallversicherung nur, wenn alle Möglichkeiten der Rehabilitation ausgeschöpft wurden und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 20 Prozent verblieben ist. Die Rentenhöhe richtet sich dabei allerdings nicht nach dem tatsächlichen, hochgerechneten Verdienstausfall, sondern wird pauschaliert nach dem sogenannten Jahresarbeitsverdienst (JAV) bemessen. Die Rentenleistung bei einer 100-prozentigen Erwerbsminderung beträgt dabei maximal zwei Drittel des JAV.

Immer wieder Streit um Wegeunfälle

Ein weiterer Stolperstein ist der Grundsatz der Kausalität. Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung werden nur dann gezahlt, wenn die zu einem Unfall oder einer Berufskrankheit führende Tätigkeit in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Beschäftigungs-Verhältnis stand. Nicht geleistet wird, wenn nur ein schon vorhandener Schaden während einer versicherten Tätigkeit akut wird.

Vor allem die Frage nach der Kausalität sorgt oftmals für Streit zwischen den Unfallversicherungs-Trägern einerseits und den Versicherten oder deren Hinterbliebenen andererseits. Die Streitigkeiten landen dann letztendlich vor der Sozialgerichtsbarkeit. Wie begrenzt der gesetzliche Unfallversicherungs-Schutz ist, zeigt die folgende, beispielhafte Zusammenstellung von Urteilen zum Thema Wegeunfall.

Die gesetzlichen Regelungen hierzu finden sich in Paragraf 8 SGB VII (Siebtes Sozialgesetzbuch). Hier steht unter anderem: „Versicherte Tätigkeiten sind auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit.“ Wer den unmittelbaren Weg zu privaten Zwecken unterbricht, steht in der Regel nicht mehr unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Selbst eine nur sehr kurzfristige Unterbrechung des unmittelbaren Weges kann den gesetzlichen Unfallversicherungs-Schutz kosten.

Vorsichtsmaßnahme mit fatalen Folgen

Dies musste Anfang des Jahres ein Beschäftigter vor dem Bundessozialgericht (BSG) durch einen Gerichtsentscheid (Az.: B 2 U 3/16 R) erfahren.

Der Mann prüfte eines Morgens wegen einer Warnung des Deutschen Wetterdienstes die Fahrbahn der wenige Meter von seinem Grundstück entfernten Straße auf Glätte. Auf dem Rückweg zu seinem auf seinem Grundstück abgestellten Auto verunglückte der Mann schwer.

Die zuständige Berufsgenossenschaft lehnte eine Anerkennung als Wegeunfall jedoch ab. Das Prüfen der Straße auf mögliche Glätte ist eine dem Privatbereich zuzuordnende Vorbereitungshandlung gewesen, die den Versicherungsschutz auf dem Weg zur Arbeit unterbrochen hat, so die Begründung. Versicherungsschutz hätte erst wieder bestanden, wenn sich der Kläger in seinem Auto befindet. Dem schloss sich das BSG an.

Folgenreicher Irrtum

Selbst ein irrtümliches Verlassen des direkten Wegs von der oder zur Arbeit kann den gesetzlichen Unfallversicherungs-Schutz kosten. Dies musste ein Arbeitnehmer erfahren, der aus unerfindlichen Gründen auf dem Hinweg zur seiner Arbeitsstätte an der Autobahnausfahrt in die falsche Richtung abgebogen war. Bei einem kurz darauf eingeleiteten Wendemanöver auf einer vierspurigen Bundesstraße verunfallte der Mann so schwer, dass er sich nicht mehr an den Unfallhergang erinnern konnte.

Vor Gericht konnte er deshalb nicht den erforderlichen Beweis dafür erbringen, dass für den Umweg keine in seiner Person liegenden Gründe verantwortlich waren. Da er keine äußeren, mit der besonderen Art des Weges verbundenen Gefahren für den Umweg benennen konnte, entschied das Bundessozialgericht (Az.: B 2 U 16/15 R) in letzter Instanz, dass es sich nicht um einen versicherten Wegeunfall gehandelt hat.

Die private Versicherungswirtschaft bietet allerdings zahlreiche, für den individuellen Bedarf passende Lösungen, damit man nach einem Unfall trotz eines möglichen fehlenden oder unzureichenden gesetzlichen Versicherungsschutzes nicht auch noch finanzielle Probleme bekommt. Beispielsweise lassen sich mit einer privaten Unfall-, Erwerbs-, Berufsunfähigkeits- und/oder Krankentagegeld-Versicherung unfallbedingte Einkommensausfälle und Zusatzkosten absichern.

Quelle: (verpd)

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