Wer als Biker mit fahrerischen Kunststücken auf öffentlichen Straßen aufwartet, kann für einen Unfall mitverantwortlich sein, auch wenn eigentlich der Unfallgegner gegen die Verkehrsregeln verstoßen hat, wie ein Gerichtsurteil verdeutlicht.

Stoßen ein vorfahrtsberechtigtes Motorrad und ein Wartepflichtiger bei Dunkelheit zusammen, ist eine Haftungsteilung gerechtfertigt, wenn das Motorrad deswegen schlecht zu erkennen war, weil sich sein Fahrer ein Wheelie durchgeführt hat. Das hat das Oberlandesgericht Hamm in einem Urteil entschieden (11 U 38/22).

Ein Mann war mit seinem Leichtkraftrad bei Dunkelheit in einem Wohngebiet einer geschlossenen Ortschaft auf einer Vorfahrtsstraße unterwegs. Dabei ließ er sich dazu hinreißen, ein Kunststück in Form eines sogenannten Wheelies vorzuführen. Dabei wird ein Zweirad nur auf dem Hinterrad gefahren, während das Vorderrad nach oben in der Luft schwebt.

Schwer wahrnehmbar

In derartigen Fällen ist der Scheinwerfer des Motorrades und damit bei Dunkelheit auch das Motorrad als solches nur sehr schwer für andere Verkehrsteilnehmer wahrnehmbar.

Das wurde dem Kläger zum Verhängnis. Als er von einer untergeordneten Straße auf jene, welche der Biker befuhr, nach links abbiegen wollte, hatte er zunächst vorschriftsmäßig angehalten, um sich durch Blicke nach links und rechts zu vergewissern, ob er gefahrlos abbiegen könne. Dabei übersah er jedoch das sich nähernde Leichtkraftrad, mit dem er schließlich kollidierte.

Gegen Beleuchtungspflicht verstoßen

Der Motorradfahrer war der Meinung war, dass der Autofahrer wegen seiner Vorfahrtsverletzung für die Folgen des Unfalls einzustehen habe. Letzter hielt den Beklagten in gleicher Weise für mitverantwortlich.

Seines Erachtens wäre es nicht zur Kollision gekommen, wenn er den Motorradfahrer rechtzeitig hätte wahrnehmen können. Das sei wegen des Wheelies jedoch nicht möglich gewesen.

Dieser Argumentation schlossen sich die Richter des Hammer Oberlandesgerichts an. Nach ihrer Meinung hatte der Beklagte durch Ausführung des Wheelies schuldhaft gegen die Beleuchtungspflicht gemäß § 17 Absatz 1 Satz 2 StVO (Straßenverkehrsordnung) verstoßen. Danach dürfen die Beleuchtungs-Einrichtungen eines Fahrzeugs nicht verdeckt sein. Das sei jedoch indirekt geschehen.

Schadenteilung

Durch das Kunststück sei die Wahrnehmbarkeit des Motorrades deutlich herabgesetzt worden. Dies bestätigte ein vom Gericht befragter Sachverständiger. Das Abblendlicht des Leichtkraftrades sei nicht wie bei normaler Fahrweise im Dunkeln für die anderen Verkehrsteilnehmer deutlich als heller Lichtpunkt, sondern nur noch bei genauem Hinsehen zu erkennen gewesen.

Die Richter waren daher überzeugt, dass das Fahren auf nur einem Rad zumindest mitursächlich dafür war, dass der Verkehrsunfall zustande gekommen war. Dass der Unfallgegner ohne Durchführung des Wheelies bei seinem ersten Blick nach links das helle Scheinwerferlicht des Kraftrades übersehen hätte, hielt das Gericht für ausgeschlossen.

Dennoch sei unstreitig, dass der Kläger die Vorfahrt des Beklagten verletzt habe. Angesichts der Gesamtumstände würden jedoch der schuldhafte Verkehrsverstoß des Bikers und der des Autofahrers gleich schwer wiegen. Das Gericht hielt daher eine Schadenteilung für angemessen.

Generell gilt bei einer Mitschuld an einem Unfall: Je nachdem wie hoch der Anteil der (Teil-)Schuld ist, den ein Unfallbeteiligter am Unfall hat, übernimmt die Kfz-Haftpflichtversicherung des Kraftfahrzeugs, mit dem der Unfallbeteiligte den Unfall mitverursacht hat, die Schadenhöhe des Unfallgegners anteilig.

Teilschuld und die Kfz-Versicherung

Wenn der eigene Kfz-Versicherer einen gegnerischen Schaden ganz oder auch nur teilweise zahlen muss, kommt es auch bei der Kfz-Haftpflichtversicherung zu einer Schlechterstellung des Schadenfreiheitsrabatts (SF-Klasse) und damit zu einer höheren Prämie im nächsten Jahr. Ein Unfallverursacher, der allein für einen Unfall verantwortlich ist, bleibt komplett auf seinen eigenen Schadenkosten, die an seinem Kfz bei dem Unfall entstanden sind, sitzen.

Doch auch wer als Unfallbeteiligter eine Teilschuld am Unfall hat, erhält die Reparaturkosten seines Fahrzeugs nur teilweise (anteilig) bezahlt und muss die restlichen Kosten selbst bezahlen. In beiden Fällen hilft jedoch eine bestehende Vollkaskoversicherung weiter. Sie leistet nämlich unter anderem für fahrlässig verursachte Unfallschäden am Kfz, für die kein anderer die Haftung übernehmen muss.

Allerdings kommt es dann auch zu einer Höherstufung des Schadenfreiheitsrabatts in der Vollkaskoversicherung und damit zu einer Verteuerung der künftigen Prämien.

Ob es sich im Schadenfall letztendlich auf Dauer auszahlt, den eigenen Schaden selbst zu übernehmen oder doch von der Vollkaskoversicherung begleichen zu lassen, hängt von der Schadenhöhe und der nach einer Höherstufung zu entrichtenden Prämienhöhe ab. Eine Antwort darauf gibt der Kaskoversicherer beziehungsweise der Versicherungsvermittler.

Quelle: (verpd)

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