Die Hürde, einem Kassenpatienten bei einer schweren Erkrankung die Versorgung mit Cannabisprodukten zu ermöglichen, ist weiterhin hoch. Welche Voraussetzungen gelten, zeigen mehrere Urteile des Hessischen Landessozialgerichts.

Gesetzlich Krankenversicherte haben im Fall einer schwerwiegenden Erkrankung nur dann Anspruch auf Versorgung mit einem Cannabisprodukt, wenn eine alternative, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung mit einem anderen Produkt nicht zur Verfügung steht. Ferner muss die Aussicht bestehen, dass eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf eintritt. Das geht aus drei Entscheidungen des Hessischen Landessozialgerichts hervor (Az.: L 8 KR 366/17 B ER, L 8 KR 255/17 B ER und L 8 KR 288/17 B ER).

Einem 57-jährigen Mann waren zur Behandlung einer Fibromyalgie-Erkrankung von seinem Arzt Medizinal-Cannabisblüten verschrieben worden. Die gesetzliche Krankenkasse, bei der er gesetzlich krankenversichert war, lehnte es jedoch ab, die Kosten zu übernehmen.

Die Krankenkasse begründete dies damit, dass schwerwiegende Symptome nicht dokumentiert seien. Außerdem lägen keine Indizien dafür vor, dass sich der Krankheitsverlauf durch den Einsatz medizinischer Cannabisblüten spürbar positiv beeinflussen lasse. Das hessische Landessozialgericht gab der Krankenkasse in einem Beschluss (Az.: L 8 KR 366/17 B ER) recht.

Fehlende Voraussetzungen

In einem zweiten Fall war einem Patienten von seinem Arzt Cannabis aufgrund eines Schmerzsyndroms verordnet worden. Auch in diesem Fall weigerte sich dessen Krankenkasse, die Kosten zu übernehmen. Das begründete sie damit, dass kein Fall einer schwerwiegenden Erkrankung vorliege. Auch hier stimmte das hessische Landessozialgericht der Begründung der Krankenkasse für die Ablehnung zu (Az.: L 8 KR 255/17 B ER).

Die Richter beider Instanzen wiesen somit die Klagen der jeweiligen Patienten als unbegründet zurück. Denn Voraussetzung für einen Anspruch auf eine Versorgung mit medizinischen Cannabisprodukten sei eine schwerwiegende Erkrankung. Eine solche werde in der Rechtsprechung bei fortgeschrittenen Tumorerkrankungen, einem Restless-Legs-Syndrom mit massiven Schlafstörungen, bei Multipler Sklerose sowie bei einer schweren Verlaufsform der Neurodermitis angenommen.

Werde Cannabis zur Schmerzbehandlung verordnet, so müsse ein entsprechend schweres Krankheitsbild anhand ärztlicher Befundberichte nachgewiesen sein. Der bloße Hinweis auf ein Schmerzsyndrom genüge hingegen nicht.

Fehlender Nachweis

Einen derartigen Nachweis hätten die Kläger nicht geführt. Sie hatten nach Ansicht der Richter auch nicht glaubhaft gemacht, dass in ihren Fällen keine anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende alternative Behandlungsmethode zur Verfügung stehe oder aus medizinischen Gründen nicht zur Anwendung kommen könne.

Im Fall des ersten Klägers habe es außerdem an einer hinreichenden Begründung dafür gefehlt, dass der Einsatz medizinischer Cannabisblüten seinen Krankheitsverlauf hätte spürbar positiv beeinflussen könne. Den beiden Klagen war daher kein Erfolg beschieden.

Das galt jedoch nicht für einen dritten Fall, bei dem eine Krankenkasse ebenfalls die Kostenübernahme für eine Behandlung mit einer auf Cannabis basiertem Arzneimittel ablehnte.

Aussicht auf positive Auswirkungen

Bei dem dritten Fall ging es um die Klage eines Mannes, der wegen einer Erkrankung seiner Bauchspeicheldrüse seit Jahren unter Bauchschmerzen litt, die sein tägliches Leben schwer einschränkten. Nachdem auch eine langjährige Morphiumgabe in höherer Dosis sowie die zusätzliche Einnahme von Novalgin die Schmerzen nur leicht mindern konnten, verordnete sein Arzt dem Kläger schließlich ein Cannabis-Mundspray.

Der gesetzliche Krankenversicherer des Klägers weigerte sich jedoch, die dafür anfallenden Kosten zu übernehmen. Zu Unrecht, urteilte das Hessische Landessozialgericht (Az.: L 8 KR 288/17 B ER). Es gab der Klage des Patienten auf Kostenerstattung statt. Das Gericht kam im Rahmen der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis, dass keine dem herkömmlichen medizinischen Standard entsprechenden Leistungen zur Verfügung stehen würden, um die Folgen der schwerwiegenden Erkrankung des Klägers zu behandeln.

Das sei bei einer Behandlung mit dem ihm verordneten Cannabis-Mundspray anders. Dabei würde nämlich nicht ganz entfernt liegend die Aussicht bestehen, dass spürbar positiv auf den Krankheitsverlauf eingewirkt werden könnte beziehungsweise die schwerwiegenden Symptome der Schmerzerkrankung bekämpft würden. Die Krankenkasse wurde daher dazu verurteilt, die Kosten für das Mundspray zu übernehmen. Alle drei Beschlüsse des Gerichts sind unanfechtbar.

Quelle: (verpd)

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