Trauriger Rekord: Der häufigste Grund für Ausfälle am Arbeitsplatz sind Seelenleiden. Für den rasanten Anstieg der Fehltage nennt der aktuelle Report einer gesetzlichen Krankenkasse eine ungewöhnliche Ursache.

In der aktuellen Statistik einer Krankenkasse legen Krankmeldungen wegen Angstzuständen, Erschöpfung oder Depressionen deutlich zu. Die Krankenkasse führt das unter anderem auf die elektronische Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung zurück. Bisher gab es wohl eine Untererfassung.

Mitarbeiter blieben 2022 wegen Panikattacken, chronischer Erschöpfung und Depressionen so häufig ihrem Arbeitsplatz fern wie noch nie. Gerade bei Beschäftigten unter 30 Jahren stiegen die Fehlzeiten.

Das zeigt eine Langzeituntersuchung der gesetzlichen KrankenkasseDAK-Gesundheit. In ihrem „Psychreport 2023“ hat die Kasse die Fehltage ihrer Versicherten seit 1997 ausgewertet. Für die Analyse wurden vom Forschungs- und Beratungsinstitut Iges Institut GmbH die anonymisierten Daten von rund 2,4 Millionen erwerbstätigen DAK-Mitgliedern untersucht.

Depressionen: häufigster Grund für Krankschreibungen

Über alle Altersgruppen hinweg betrachtet, waren im Jahr 2022 laut Auswertung der Krankenkasse Depressionen der wichtigste Grund für eine Krankschreibung. Die DAK beziffert den Wert auf 118 Fehltage je 100 Versicherte. Zum Vergleich: 2018, also vor der Pandemie, waren es 93 Fehltage.

Auf Platz zwei kamen im Vorjahr Belastungs- und Anpassungsstörungen mit 77 Tagen. Sie hatten mit einem Plus von 12,4 Prozent den stärksten Zuwachs. Auf andere neurotische Störungen, wie zum Beispiel chronische Erschöpfung, entfielen 34 Fehltage je 100 Versicherte und auf Angststörungen 23 Tage.

Fehlzeiten wegen psychischer Probleme steigen rasant

Insgesamt lagen mit 301 Fehltagen je 100 Versicherte die Fehlzeiten wegen der genannten Seelenleiden um 48 Prozent über dem Niveau von vor zehn Jahren. Im Vergleichsvorjahr lag der Arbeitsausfall aufgrund psychischer Erkrankungen bei 276 Fehltagen je 100 erwerbstätig Versicherten. Dies sind 16 Tage mehr als vor Ausbruch der Pandemie.

Besorgniserregend ist der Anstieg bei den jüngeren Beschäftigten: Besonders auffällig sei bei den Männern die Altersgruppe zwischen 24 und 29 Jahren mit 29 Prozent mehr Fehltagen. Bei den Frauen gab es im gleichen Alter einen Zuwachs von 24 Prozent. Die 20- bis 24-Jährigen hatten ebenfalls fast ein Viertel mehr Fehltage als gleichaltrige Frauen im Vorjahr.

Die meisten Ausfälle wegen psychischer Probleme gab es im Gesundheitswesen mit 434 Fehltagen je 100 Versicherte, gefolgt von der öffentlichen Verwaltung (362 Tage) und dem Bereich „Bildung, Kultur und Medien“ (315 Tage).

Elektronische Krankmeldung: Ursache für Anstieg

Für den neuen Höchststand bei den Krankmeldungen wegen psychischer Probleme liefern die Autoren des diesjährigen Psychreports auch eine Erklärung. „Der erneute Anstieg bei den Fehltagen hängt nach Ansicht der DAK zum Teil auch mit der neuen elektronischen Meldung der Krankschreibungen zusammen“, heißt es in der Meldung zur Auswertung.

Seit Anfang 2022 gehen die Meldungen von den Arztpraxen direkt an die Krankenkassen und müssen nicht mehr von den Versicherten selbst eingereicht werden. Seit dem 1. Januar 2023 ist die elektronische Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung (eAU) Pflicht. Durch die eAU kommen jetzt Krankheitsfälle in der Statistik, die in der Vergangenheit nicht erfasst wurden, weil die gelben Zettel bei den Versicherten liegenblieben, so die Krankenkasse.

„Wir haben in der aktuellen Statistik 31 Prozent mehr Krankschreibungen von sehr kurzer Dauer. Vermutlich hatten wir bisher insbesondere bei Menschen eine Untererfassung, die nur wenige Tage bei einem Fall erkrankt sind“, lässt sich DAK-Chef Andreas Storm dazu zitieren.

Eine Studie eines Versicherers zeigt, die Wahrscheinlichkeit, an einer Depression zu erkranken, liegt über alle Altersgruppen hinweg zwischen 38 bis 40 Prozent. Einzige Ausnahme sind die Babyboomer, die auf 34 Prozent kommen.

Hilfe bei psychischer Erkrankung

Wird eine psychische Erkrankung wie eine Depression frühzeitig erkannt, kann in vielen Fällen eine medikamentöse und/oder auch psychotherapeutische Behandlung das Leiden schnell lindern oder auch komplett heilen.

Der erste Schritt ist dabei der wichtigste, nämlich der Gang zum Arzt, Psychiater oder Psychotherapeuten, betonen die Experten des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin (ÄZQ). Dabei kann es helfen, eine Vertrauensperson mitzunehmen.

Bei akuten psychischen Problemen kann an Wochenenden und Feiertagen der ärztliche Bereitschaftsdienst unter der Rufnummer 116 117 angerufen oder die nächste psychiatrische Klinik aufgesucht werden. Ein weiterer Ansprechpartner ist die Telefonseelsorge, erreichbar per Chat, E-Mail und auch unter den Telefonnummern 116 123, 0800 1110111 oder 0800 1110222.

Quelle: (verpd)

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