Ein Gerichtsurteil zeigt, warum es extrem unvernünftig sein kann, sich im Krankenhaus nicht an die ärztlichen Empfehlungen zu halten.

Wenn Patienten sich wiederholt gegen den ärztlichen Rat stellen und notwendige Behandlungen verweigern, dann können sie bei Schadenersatz-Forderungen gegen Behandler keine Beweiserleichterungen in Anspruch nehmen. Das zeigt der Fall eines verstorbenen herzkranken Mannes, der vom Oberlandesgericht Hamm entschieden wurde (Az.: 26 U 72/17).

„Die mit einem groben ärztlichen Behandlungsfehler verbundene Beweislastumkehr kann entfallen, wenn ein Patient in vorwerfbarer Weise ärztliche Anordnungen oder Empfehlungen missachtet, so eine mögliche Mitursache für den erlittenen Gesundheitsschaden setzt und dazu beiträgt, dass der Verlauf des Behandlungsgeschehens nicht mehr aufgeklärt werden kann.“ So fasst das Oberlandesgericht (OLG) Hamm sein in diesem Jahr getroffenes Urteil (Az.: 26 U 72/17) zusammen.

Geklagt hatte die Witwe und Alleinerbin eines verstorbenen Mannes gegen ein Klinikum, weil dieses ihren Gatten fehlerhaft behandelt habe. Sie forderte mindestens 2.000 Euro Schmerzensgeld, 4.557 Euro Beerdigungskosten sowie monatlich mindestens 5.000 Euro Unterhalt für sich und die beiden Kinder.

Patient verließ das Krankenhaus gegen ärztlichen Rat

Zu dem Verlauf des Unglücks führte das Gericht aus, dass der Verstorbene an einem Donnerstag seinen Hausarzt aufgesucht habe. Dieser wies den Mann wegen Verdacht auf eine „instabile Angina pectoris“ ins Krankenhaus ein.

Bei der Aufnahme dort am nächsten Tag habe auch der Verdacht auf eine koronare Herzerkrankung bestanden. Es seien klinische und bildgebende Untersuchungen sowie ein EKG, Blutuntersuchungen und eine Langzeit-Blutdruckmessung erfolgt.

Zwei Tage später, am Sonntag, habe der Patient seine Unzufriedenheit geäußert, dass am Wochenende keine weiteren Untersuchungen durchgeführt wurden, und habe entgegen dem Rat des Arztes das Krankenhaus verlassen.

Vorwurf des Behandlungsfehlers

Der Patient war vier, neun und zehn Tage nachdem er das Krankenhaus verlassen hatte, nochmals beim Hausarzt gewesen. Der habe ihm bei dem letzten Termin eine dringende Krankenhausbehandlung angeraten. Weitere acht Tage später sei eine hausärztliche Einweisung mit der Diagnose „Angina pectoris“ erfolgt.

Der Patient habe in dem Klinikum eine stationäre Aufnahme abgelehnt und dort lediglich einen Termin zur kardiologischen Abklärung vier Tage nach der hausärztlichen Einweisung vereinbart. Zwei Tage nach der kardiologischen Untersuchung habe die Ehefrau ihren Mann tot im Bett vorgefunden. Der Notarzt habe als Todesursache Herzversagen festgestellt. Eine Obduktion fand nach Feststellung des Gerichts nicht statt.

Die Witwe warf dem Klinikum vor, ihren Mann fehlerhaft behandelt zu haben, und verklagte es. Man habe ihrer Meinung nach nicht die erforderlichen medizinischen Maßnahmen ergriffen, obwohl die Beschwerden auf eine mögliche schwere Herzerkrankung hingewiesen hätten. Zudem sei der Arztbericht viel zu spät an den Hausarzt übersandt worden und ihr Ehemann sei auch nicht ausreichend auf das durch den Behandlungsabbruch bestehende Risiko hingewiesen worden, so die Ansicht der Witwe.

Keine Beweislastumkehr

Die Vorinstanz, das Landgericht Arnsberg (Az.: 5 O 34/15), hatte „im Hinblick auf eine fehlende ASS-Gabe einen groben Behandlungsfehler angenommen und im Hinblick auf unterlassene wiederholte EKG-Untersuchungen und Blutuntersuchungen einen einfachen Fehler angenommen. Sodann wurde im Hinblick auf eine Beweislastumkehr die Beklagte entsprechend verurteilt. Der Mitverschuldenseinwand greife nicht durch, weil der Sachverständige nicht habe feststellen können, dass das Verhalten des Verstorbenen zu seinem Tod beigetragen habe.“

Vor dem Berufungsgericht bestritt das Klinikum die Behandlungsfehler. Außerdem wandte es ein, dass die Beweislastumkehr zu seinen Ungunsten in diesem Falle nicht anzuwenden sei, da der Patient durch Missachten ärztlicher Ratschläge zum Vereiteln des Heilungserfolges beigetragen habe. Es dürfe daher nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Verstorbene mehrfach ärztliche Ratschläge in den Wind geschlagen habe.

Schließlich gäbe es eine Vielzahl von Möglichkeiten, aus welchen Gründen der Ehemann der Klägerin verstorben sein könne. Dies müsse keineswegs mit der angenommenen koronaren Herzerkrankung zusammenhängen. Mit diesen Argumenten fand das Krankenhaus vor dem OLG Gehör.

Unverständliches Handeln des Patienten

Die Richter des OLG schrieben in dem Urteil: „Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch gegen die Beklagte (gemeint ist hier die Klinik) zu, weil ihr wegen des ganz erheblichen Mitverschuldens ihres verstorbenen Ehemannes keine Beweislastumkehr zugutekommt, so dass sie auch nicht nachweisen kann, dass ihr Mann infolge der Behandlungsfehler an einer Herzerkrankung verstorben ist.“ Das Gericht bezog sich dabei auch auf ein Urteil des Bundesgerichtshofes (Az.: VI ZR 328/03) aus dem Jahr 2004.

Für das Verhalten des Verstorbenen zeigte das OLG kein Verständnis: „Letztlich weiß jeder erwachsene Mensch, dass thorakale Beschwerden verbunden mit Luftnot auf ein gefährliches Herzleiden hinweisen können. Das gilt umso mehr, wenn man schon weiß, dass auch die Halsschlagader mit Ablagerungen betroffen ist.

Wenn dann Ärzte den dringenden Rat auf eine stationäre Abklärung geben und der Patient sich so beharrlich verweigert, dann grenzt ein solches Verhalten schon fast an Vorsatz und kann keineswegs damit erklärt werden, dass er wegen der fehlenden Behandlungen durch die Beklagte (gemeint ist hier die Klinik) am Wochenende nur von einer geringfügigen Erkrankung ausgegangen ist.“

Sachverständiger konnte über Todesursache nur spekulieren

So kamen die vom Gericht festgestellten, teilweise groben Behandlungsfehler des Hospitals nicht zum Tragen. Das Gericht bezog sich bei seiner Entscheidung auch auf den von der Vorinstanz einbezogenen Sachverständigen.

Dem war es laut dem Urteil „aber nicht mit der hinreichenden Sicherheit möglich anzugeben, ob der Patient überhaupt an einem Herzinfarkt verstorben ist und ob das von ihm gerügte Fehlverhalten ursächlich für den Tod gewesen ist.“

Er habe die Todesursache eines Herzinfarkts nur als nicht fernliegend bezeichnet und sei zu näheren Angaben nicht zu bewegen gewesen. Die Todesursächlichkeit des Fehlverhaltens habe er als rein spekulativ bezeichnet. Eine Revision wurde nicht zugelassen.

Quelle: (verpd)

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