Mit Beginn der kalten Jahreszeit rückt die Frage der Streu- und Räumpflicht in den Vordergrund. Darüber, wie streng die örtlichen Satzungen zum Winterdienst auszulegen sind, hatte jüngst ein Verwaltungsgericht zu entscheiden.

Die Verpflichtung von Anliegern zum Winterdienst erstreckt sich grundsätzlich nur auf den Gehweg vor dem eigenen Grundstück. Ist dort kein Weg vorhanden, so besteht keine Verpflichtung, den Gehweg auf der gegenüberliegenden Straßenseite zu räumen beziehungsweise zu streuen. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin mit einem kürzlich veröffentlichten Urteil entschieden (Az.: 1 K 366.11).

Eine Grundstücksbesitzerin aus Berlin-Neukölln klagte gegen einen Bußgeldbescheid, den sie erhalten hatte, weil sie angeblich ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Schnee- und Eisbeseitigung nicht nachgekommen war.

Kein eigener Gehweg

Vor dem Grundstück der Klägerin befindet sich kein Gehweg, sondern lediglich ein unbefestigter, zum Parken genutzter Randstreifen. Fußgänger müssen einen auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindlichen Bürgersteig benutzen.

Das Bezirksamt Neukölln war der Meinung, dass die Klägerin dazu verpflichtet gewesen wäre, diesen Weg von Schnee und Eis zu räumen beziehungsweise ihn zu streuen.

Doch dem wollte sich das Berliner Verwaltungsgericht nicht anschließen. Es gab der Klage der Grundstücksbesitzerin gegen den Bußgeldbescheid des Bezirksamts statt.

Was ist „nächstgelegen“?

Die Richter stellten zwar nicht in Abrede, dass Anlieger nach dem Berliner Straßenreinigungs-Gesetz zum Winterdienst auf den vor ihren Grundstücken in gleicher oder ähnlicher Richtung verlaufenden, nächstgelegenen Gehwegen verpflichtet sind.

Der Begriff „nächstgelegener Gehweg“ wird nach Ansicht des Gerichts jedoch zu weit ausgelegt, wenn damit auch ein Weg auf der gegenüberliegenden Straßenseite gemeint sein soll. Die natürliche Grenze für die Verpflichtung zum Winterdienst bildet vielmehr die Mitte der vor einem Grundstück verlaufenden Fahrbahn, so das Gericht.

Schutz für Hauseigentümer

Die Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts ist von haftungsrechtlicher Bedeutung. Denn kommt ein Fußgänger auf einem nicht geräumten beziehungsweise gestreuten Gehweg, der einem Grundstück gegenüberliegt, zu Schaden, so kann er nicht den Grundstücksbesitzer, vor dessen Grundstück sich kein Gehweg befindet, für den entstandenen Schaden haftbar machen.

Grundsätzlich sollten Immobilienbesitzer eine Haus- und Grundbesitzer-Haftpflicht-Police oder Eigentümer eines selbst genutzten Einfamilienhauses eine private Haftpflichtversicherung haben. Denn diese übernimmt nicht nur berechtigte Schadenersatz-Forderungen Dritter, wenn tatsächlich die Streupflicht verletzt wurde, sondern wehrt auch ungerechtfertigte Ansprüche wie in dem genannten Fall ab.

(verpd)

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