Ob Anlieger in verkehrsberuhigten Bereichen wie Spielstraßen oder reinen Fußgängerzonen dafür sorgen müssen, dass die Straßen und Wege entlang ihrer Immobilie oder ihres Grundstücks von Schnee und Eis befreit werden müssen, belegt ein aktuelles Gerichtsurteil.

In einem verkehrsberuhigten Bereich ist im Rahmen des Winterdienstes auch jener Bereich von Schnee und Eis zu befreien beziehungsweise mit abstumpfenden Mitteln zu streuen, der bevorzugt dem Fußgängerverkehr dient. Das hat der 4. Senat des Kammergerichts Berlin mit Urteil entschieden (Az.: 4 U 57/16).

Nach einem Bericht des Deutschen Anwaltvereins war eine Fußgängerin im Winter in einem durch ein entsprechendes Verkehrszeichen (Zeichen 325) ausgewiesenen verkehrsberuhigten Bereich, umgangssprachlich auch „Spielstraße“ genannt, unterwegs. Dabei rutschte sie an einer nicht von Schnee und Eis geräumten Stelle aus und stürzte.

Für ihre Verletzungen, die sie beim Sturz erlitten hat, machte die Frau den Grundstückseigentümer, vor dessen Grund sie stürzte, verantwortlich. Sie warf ihm vor, dass es zu dem Sturz nur deswegen gekommen ist, weil dieser seiner Räum- und Streupflicht nicht nachgekommen sei. Sie verklagte ihn daher auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld.

Eine Frage der bevorzugten Nutzung

Vor Gericht verteidigte sich der Beklagte damit, dass das von ihm seit etlichen Jahren mit dem Winterdienst beauftragte Unternehmen durchaus einen Teil des verkehrsberuhigten Bereichs geräumt habe. Dieser habe sich in dessen Mitte befunden. Hätte die Klägerin den Bereich genutzt, so wäre sie nicht zu Schaden gekommen.

Diese Argumentation vermochte die Richter des Berliner Kammergerichts nicht zu überzeugen. Sie gaben der Klage der Verletzten statt. Sind in verkehrsberuhigten Zonen Fahrbahn und Gehwege wie in dem entschiedenen Fall nicht baulich voneinander abgegrenzt, so sind nach Meinung des Gerichts im Rahmen des Winterdienstes Straßenteile, die bevorzugt dem Fußgängerverkehr dienen, wie Gehwege zu behandeln.

Die Klägerin sei daher nicht dazu verpflichtet gewesen, den geräumten mittleren Teil der Fahrbahn zu nutzen. „Denn ein Fußgänger setzt sich nicht ohne Not in die Situation, auf Kraftfahrzeuge Rücksicht nehmen und diesen gegebenenfalls ausweichen zu müssen, auch wenn diese nur mit Schrittgeschwindigkeit fahren dürfen“, so das Gericht.

Üblicherweise von Fußgängern genutzter Bereich

Es sei zwar unbestritten, dass Fußgänger in derartigen Zonen den gesamten verkehrsberuhigten Bereich für sich nutzen dürfen.

In dem entschiedenen Fall habe aber der Unterschied des verkehrsberuhigten Bereichs zu einer klassischen Verkehrsraumgestaltung nur darin bestanden, dass ein vorhandener Bordstein keine erhabene Kante bildete.

Weil sie sich hier unbedrängt fühlten, sei dieser Bereich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch üblicherweise von den Fußgängern genutzt worden. Der Beklagte sei folglich dazu verpflichtet gewesen, ihn von Schnee und Eis räumen oder mit abstumpfenden Mitteln streuen zu lassen.

Kein Mitverschulden

Nach Überzeugung des Gerichts kann der Klägerin auch kein Mitverschulden angelastet werden. Denn allein der Umstand ihres Ausgleitens spreche noch nicht dafür, dass sie ihrerseits die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen habe. „Denn auch bei Wahrung aller Vorsicht ist ein Ausgleiten auf eisglattem Untergrund nie völlig auszuschließen“, heißt es dazu wörtlich in der Urteilsbegründung. Die Richter sahen keine Veranlassung, eine Revision gegen ihre Entscheidung zuzulassen.

Nicht nur, aber insbesondere auch wegen der Verkehrssicherungs-Pflicht, zu der auch die Räum- und Streupflicht zählt, die Grundstücks- und Immobilienbesitzer haben, ist für sie eine Haus- und Grundbesitzer-Haftpflicht-Police wichtig.

Denn diese Police übernimmt berechtigte Schadenersatz-Forderungen Dritter, wenn tatsächlich die Räum- und Streupflicht oder auch eine sonstige Verkehrssicherungs-Pflicht verletzt wurde, wehrt aber auch ungerechtfertigte oder überhöhte Ansprüche ab. Bei Eigentümern eines selbst genutzten Einfamilienhauses genügt dafür in der Regel eine private Haftpflichtversicherung, da hier der entsprechende Haus- und Grundbesitzer-Haftpflichtschutz für dieses Haus mitversichert ist.

Quelle: (verpd)

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