Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich mit der Frage befasst, ob Aufzeichnungen einer Autovideokamera, die einen Unfallhergang dokumentieren, vor Gericht als Beweismittel verwertet werden dürfen.

Gerichte dürfen Videoaufnahmen mit sogenannten Dashcams bei Unfällen als Beweismittel verwerten. Das gilt nach einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs (Az.: VI ZR 233/17) auch in Fällen, in denen die Aufnahmen gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen, weil sie ohne Einwilligung aller Betroffenen gemacht wurden.

Bei einem Unfall waren zwei Fahrzeuge beim Linksabbiegen auf zwei nebeneinander verlaufenden Linksabbiegespuren seitlich miteinander kollidiert. Beide Unfallbeteiligten beschuldigten sich gegenseitig, die jeweilige Fahrspur verlassen zu haben und daher für den Unfall verantwortlich zu sein.

Nicht zu klären

Das in erster Instanz mit dem Fall befasste Magdeburger Amtsgericht konnte den Unfallhergang trotz Befragung eines Sachverständigen nicht klären. Denn dieser kam in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Schilderungen beider Fahrer zum Unfallhergang aus technischer Sicht möglich seien. Das Amtsgericht ging daher von einer Schadenteilung aus.

Der Kläger hatte das Unfallgeschehen allerdings mit einer in seinem Fahrzeug installierten Dashcam aufgezeichnet. Er behauptete, mithilfe der Aufzeichnung seine Sicht der Dinge beweisen zu können. Das Amtsgericht war aus datenschutzrechtlichen Gründen jedoch nicht dazu bereit, die Bildaufnahmen zu verwerten.

Diese Rechtsauffassung wurde vom Landgericht Magdeburg, das vom Kläger in Berufung angerufen worden war, geteilt. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Aufzeichnungen gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen. Sie würden daher einem Beweisverwertungs-Verbot unterliegen.

Etappensieg

Der Fall landete schließlich vor dem Bundesgerichtshof. Dort errang der Kläger einen Etappensieg. Die Richter schlossen sich zwar der Meinung der Vorinstanzen an, dass die von dem Kläger vorgelegten Videoaufzeichnungen nach den geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen widerrechtlich hergestellt wurden. Denn es lag keine Einwilligung des Unfallbeteiligten vor.

Die Aufzeichnungen hätten von den Vorinstanzen jedoch trotz allem als Beweismittel verwertet werden dürfen. Denn die Unzulässigkeit oder Rechtswidrigkeit einer Beweiserhebung führe in einem Zivilprozess nicht ohne Weiteres zu einem Beweisverwertungs-Verbot. Über die Frage der Verwertbarkeit müsse vielmehr nach den Umständen des Einzelfalls entschieden werden.

In dem zu entscheidenden Fall müsse von einem überwiegenden Interesse an der Verwertung der Aufnahmen des Klägers ausgegangen werden. Der Unfall habe sich im öffentlichen Straßenraum ereignet. In diesen habe sich der Beklagte freiwillig begeben und sich so der Wahrnehmung und Beobachtung durch andere Verkehrsteilnehmer ausgesetzt. Durch die Aufnahmen seien außerdem nur Vorgänge dokumentiert worden, die für jedermann wahrnehmbar waren.

Zurück an die Vorinstanz

„Rechnung zu tragen ist auch der häufigen besonderen Beweisnot, die der Schnelligkeit des Verkehrsgeschehens geschuldet ist. Unfallanalytische Gutachten setzen verlässliche Anknüpfungstatsachen voraus, an denen es häufig fehlt.

Der mögliche Eingriff in die allgemeinen Persönlichkeitsrechte anderer (mitgefilmter) Verkehrsteilnehmer führt nicht zu einer anderen Gewichtung. Denn ihrem Schutz ist vor allem durch die Regelungen des Datenschutzrechts Rechnung zu tragen, die nicht auf ein Beweisverwertungsverbot abzielen“, so der Bundesgerichtshof.

Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass Unfallbeteiligte sowieso dazu verpflichtet seien, Feststellungen zu ihrer Person, ihres Fahrzeugs sowie der Art der Beteiligung an dem Unfall zu ermöglichen. Die Sache wurde daher zur abschließenden Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen.

Quelle: (verpd)

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