Die Frage, ob einem Krankenhauspatient, der sich infolge einer Verletzung von Hygienevorschriften eines Pflegers eine Infektion zugezogen hat, von der Klinik ein Schadenersatz- und Schmerzensgeld zusteht, wurde jüngst vor Gericht geklärt.

Wechselt ein Krankenpfleger bei der Versorgung zweier Patienten entgegen den Vorschriften nicht die Schutzhandschuhe, so ist die Klinik zur Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld verpflichtet, wenn sich deswegen der zweite Patient eine Infektion zuzieht. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm hervor (Az.: 26 U 62/12).

Ein Mann befand sich im März 2008 zur stationären Tinnitus-Behandlung in einer Klinik. Dort erhielt er unter anderem Infusionen über eine an seinem linken Arm befestigte Venenverweilkanüle. Kurz nachdem ein Krankenpflegeschüler die Kanüle gezogen hatte, litt der Patient an einer Infektion mit multiresistenten Staphylokokken (MRSA-Keime). Die Infektion hatte monatelange Schmerzen zur Folge. Die Keime hatten unter anderem einen Abszess im Bereich der Lendenwirbelsäule ausgelöst, was operativ versorgt werden musste.

Der Mann verklagte die Klinik auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld. Sein Argument: Zu der Infektion sei es nur gekommen, weil der Krankenpflegeschüler gegen Hygienevorschriften verstoßen hatte. Die Klinik bestritt jedoch einen Zusammenhang zwischen dem Ziehen der Kanüle und der MRSA-Infektion. Es sei nämlich ebenso gut möglich, dass sich der Kläger die Infektion unabhängig von der Entfernung der Kanüle zugezogen habe. Es wäre daher seine Sache gewesen, das Gegenteil zu beweisen. Ein solcher Beweis sei ihm aber nicht gelungen.

Unterschreitung des Qualitätsstandards

Doch dem wollten sich die Richter des Hammer Oberlandesgerichts nicht anschließen. Sie gaben der Schadenersatz- und Schmerzensgeldklage statt. Nach Ansicht des Gerichts trifft es zwar zu, dass die Infektion des Klägers mit einem multiresistenten Erreger weder per se eine Haftung der Klinik begründet noch ein Indiz für eine mangelhafte Behandlung darstellt.

Eine Haftung für eine Infizierung durch Keime kommt jedoch dann in Betracht, wenn der zu fordernde Qualitätsstandard unterschritten wird und dies auch ursächlich für eine Schädigung eines Patienten war. Davon gingen die Richter in diesem Fall aus. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nach Überzeugung des Gerichts fest, dass der Krankenpflegeschüler vor dem Abstöpseln der Infusion weder Desinfektionsmaßnahmen durchgeführt noch die Schutzhandschuhe gewechselt hat, die er zuvor bei der Versorgung eines anderen Patienten getragen hatte.

Grober Behandlungsfehler

Das aber stellt nach Meinung der Richter einen groben Behandlungsfehler dar, zumal ein vom Gericht befragter Sachverständiger bestätigt hatte, dass die Einstichstelle einer Kanüle eine Eintrittspforte für Keime ist. Es wäre daher Sache der Klinik gewesen, den Gegenbeweis anzutreten. Da ihr das nicht gelungen ist, wurde der Klage des Patienten stattgegeben. Die Klinik muss ihm nun unter anderem ein Schmerzensgeld in Höhe von 40.000 Euro zahlen.

Wie der Fall zeigt, kann auch eine Auseinandersetzung mit einem Arzt oder einer Klinik Erfolg haben. Als Patient muss man das Kostenrisiko eines Gerichtsprozesses mit einer Privatrechtsschutz-Police nicht fürchten. Denn diese übernimmt im Streitfall unter anderem mögliche Anwalts-, Gerichts- und Sachverständigenkosten, wenn der Versicherte Schadenersatz und/oder Schmerzensgeld einklagen muss. Wichtig ist, dass Aussicht auf Erfolg besteht und der Versicherer vorab eine Leistungszusage erteilt hat. Eine derartige Police leistet aber auch bei zahlreichen anderen Auseinandersetzungen.

(verpd)

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