Eine Auswertung einer gesetzlichen Krankenkasse zeigt, wie sich die Zahl der Arbeitsausfälle aufgrund psychischer Probleme innerhalb der vergangenen zwei Jahre entwickelt hat.
Arbeitsausfälle wegen Seelenleiden erreichten 2021 mit 276 Fehltagen je 100 erwerbstätig Versicherte einen neuen Höchststand. Dies sind 16 Tage mehr als vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Ein psychischer Krankschreibungsfall dauert durchschnittlich 39,2 Tage. Auch dieser Wert war so hoch wie noch nie, wie eine aktuelle Datenauswertung einer gesetzlichen Krankenkasse belegt.
Im zweiten Corona-Pandemiejahr verzeichnete die Krankenkasse DAK-Gesundheit (DAK), ein Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), so viele Arbeitsausfälle wegen psychischer Erkrankungen wie noch nie zuvor. Das zeigt der „Psychoreport 2022“. Für den Report wurden Daten von mehr als 2,4 Millionen Erwerbstätigen, die bei der DAK gesetzlich krankenversichert sind, herangezogen. Die IGES Institut GmbH, ein Forschungs- und Beratungsinstitut für Infrastruktur- und Gesundheitsfragen, übernahm die Auswertung.
Das Ergebnis: Im vergangenen Jahr lag der Arbeitsausfall aufgrund von Seelenleiden bei 276 Fehltagen je 100 erwerbstätig Versicherten. Dies sind 16 Tage mehr als vor Ausbruch der Pandemie. Im Vergleich zur Untersuchung vor zehn Jahren entspricht dieser Wert einer Steigerung von 41 Prozent. Alle anderen Erkrankungsarten nahmen im gleichen Zeitraum nur um zwei Prozent zu – „kein vergleichbarer Aufwärtstrend“, so die Studienautoren.
Steigende Fehlzeiten
Aufgeschlüsselt nach Alter und Geschlecht wird deutlich, dass weiterhin Frauen stärker betroffen sind als Männer. Zudem werden nach wie vor in den oberen Altersgruppen die höchsten Werte registriert. Im Detail: In den beiden zurückliegenden Pandemiejahren erhöhten sich bei den 55- bis 59-jährigen Frauen die Ausfallzeiten um 14 Prozent im Vergleich zu 2019, bei den über 60-Jährigen sogar um 20 Prozent. „Dies sind die mit Abstand höchsten Steigerungsraten unter allen Beschäftigten“, heißt es im Bericht. Erwerbstätige Frauen über 60 Jahre kamen 2021 auf 690 Fehltage je 100 Versicherte.
Bei den gleichaltrigen Männern waren es 422 Tage. Ein psychischer Krankschreibungsfall dauerte im vergangenen Jahr durchschnittlich 39,2 Tage. Auch dies ist ein neuer Rekordwert. 2011 lag er noch bei 32,3 Tagen und war nach fünf Jahren kontinuierlicher Steigerungen bis auf 37,9 Tage in 2016 zwischenzeitlich auf 33,7 Tage im Jahr 2018 zurückgegangen. Im Branchenvergleich wird deutlich, dass Beschäftigte im Gesundheitswesen 2021 mit 397 Ausfalltagen (Vorjahr: 338 Tagen) am häufigsten wegen psychischer Erkrankungen fehlten.
Dieser Wert rangiert rund 44 Prozent über dem Durchschnitt aller untersuchten Branchen, der 276 Tage (260) beträgt. Die Öffentliche Verwaltung führte 2019 (382) die Rangliste an. Jetzt kommt sie auf 328 Tage und fällt damit auf Platz zwei zurück. Das Baugewerbe hatte mit 161 Tagen (154) erneut die wenigsten Fehlzeiten. Der Report zeigt, dass viele mit psychischen Erkrankungen extrem unter den anhaltenden Belastungen der Pandemie leiden. Die Betroffenen würden schwerer in ihren Berufsalltag zurückfinden. Grund dafür sind die Arbeitsbedingungen unter Corona und teils die Stigmatisierung.
Das Problem einer längeren Krankschreibung
Wer allerdings längere Zeit krank ist, also länger als die sechswöchige Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber erfolgt, muss mit Einkommenseinbußen rechnen. Denn das als Lohnersatzleistung von der Krankenkasse gezahlte Krankengeld ist geringer als das bisherige Nettogehalt. Insbesondere, wer ein hohes Gehalt hat, muss hier mit erheblichen Einkommenseinbußen rechnen.
Gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer haben nämlich bei einer Arbeitsunfähigkeit, die nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung fällt, maximal 78 Wochen Anspruch auf 70 Prozent des bisherigen Bruttolohns, aber höchstens 90 Prozent des Nettoeinkommens. Dabei wird jedoch das Bruttoeinkommen oberhalb der Beitragsbemessungs-Grenze der GKV (BBMG) – in 2022 sind das monatlich 4.837,50 – nicht mitberücksichtigt.
Das heißt, wer mehr als 4.837,50 Euro im Monat verdient, bekommt maximal 90 Prozent seines Nettoeinkommens, höchstens jedoch 3.386,25 Euro im Monat beziehungsweise 112,88 Euro am Tag (70 Prozent der BBMG) ausbezahlt. Die meisten Selbstständigen haben in der Regel keine gesetzliche Absicherung und somit im Krankheitsfall keinen Anspruch auf ein gesetzliches Krankengeld. Eine Absicherung der möglichen Einkommenslücke für Arbeitnehmer, aber auch für Selbstständige, ist jedoch über eine private Krankentagegeld-Versicherung möglich.
Quelle: (verpd)