Eine Möglichkeit, dass Verbraucher und Verbände eine Kollektivklage gegen ein Unternehmen einzureichen, das vermutlich massenhaft seine Kunden oder sonstigen Personen geschädigt hat, gab es im Gegensatz zu den USA hierzulande nicht. Dies wird sich nun ändern.

Nicht nur wegen der Manipulationsaffäre um die Dieselfahrzeuge von VW und anderen Kfz-Herstellern haben unter anderem Verbraucherschützer eine Möglichkeit der Kollektivklage von Verbrauchern und Verbänden gegen betroffene Unternehmen gefordert. Der Deutsche Bundestag hat diesbezüglich vor Kurzem das Gesetz zur Muster-Feststellungsklage (MFK) beschlossen.

Der Deutsche Bundestag hat jüngst im Eilverfahren das Gesetz zur Muster-Feststellungsklage (MFK) in der mit den vom federführenden Rechtausschuss mit Blick auf die Anhörung noch nachgebesserten Änderungen in zweiter und dritter Lesung beschlossen. Das neue Verbraucherschutzgesetz tritt am 1. November 2018 in Kraft. Damit ist es nun auch in Deutschland möglich, gegen ein Unternehmen, das massenhaft gleichartige Schäden verursacht hat, eine Kollektivklage einzureichen.

Die Ministerin des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) Dr. Katarina Barley betonte, dass mit der „Eine-für-Alle“-Klage allen geholfen würde, die ihr Recht einforderten. Das BMJV erklärt: „Mit der Muster-Feststellungsklage können anerkannte und besonders qualifizierte Verbraucherverbände gegenüber einem Unternehmen zentrale Haftungsvoraussetzungen für alle vergleichbar betroffenen Verbraucherinnen und Verbraucher in einem einzigen Gerichtsverfahren verbindlich klären, ohne dass diese zunächst selbst klagen müssen.“

Die Vorgehensweise

Weiter heißt es im Webportal des BMJV: „Wenn mindestens zehn Verbraucherinnen und Verbraucher von demselben Fall betroffen sind, können besonders qualifizierte Verbraucherverbände Klage erheben. Diese Klage wird dann auf Veranlassung des Oberlandesgerichts in einem Klageregister, das zum 1. November 2018 beim Bundesamt für Justiz eingerichtet wird, öffentlich bekannt gemacht. In diesem Klageregister können betroffene Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Ansprüche zum Beispiel gegenüber einem Unternehmen anmelden – und zwar kostenlos und ohne Anwaltszwang.“

Tragen sich innerhalb zwei Monate nach der öffentlichen Bekanntmachung der Anmeldung des betreffenden Falles im Klageregister insgesamt 50 betroffene Verbraucher hier ein, wird das Verfahren durchgeführt. Beendet wird eine Muster-Feststellungsklage durch ein Urteil oder einen Vergleich. Ein Vorteil dieses Vorgehens sieht der BMJV darin, dass die Verjährung der Ansprüche ab Erhebung der Klage gehemmt wird. Zudem entfalte das getroffene Urteil für Folgestreitigkeiten zwischen Unternehmen und den in Klageregister angemeldeten Verbraucher eine Bindungswirkung.

Auf Basis dieses Urteils können die im Klageregister zum betreffenden Fall angemeldeten Verbraucher dann ihre individuellen Ansprüche zum Beispiel mit einem außergerichtlichen Schlichtungsverfahren, einem Mahnverfahren und/oder einer Leistungsklage durchsetzen.

Verbraucherschützer begrüßen die Stärkung ihrer Rechte

Verbrauchschützer äußerten sich positiv, obwohl es auch Kritik und Nachbesserungs-Forderungengegeben hatte. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) bezeichnete die Verabschiedung des Gesetzes zur Muster-Feststellungsklage als Meilenstein für Verbraucher.

VZBV-Vorstand Klaus Müller, der im Bundestag die Debatte verfolgt hatte, erklärte: „Lange schon kämpfen wir dafür, dass Verbraucher leichter zu dem Geld kommen, das ihnen zusteht.“ Seit zehn Jahren forderten VZBV und Verbraucherzentralen eine Muster-Feststellungsklage, jetzt werde Rechtsgeschichte geschrieben.

„Ein Meilenstein ist geschafft. Jetzt muss das Gesetz durch den Praxistest“, erklärte Müller. „Das große Pfund der Muster-Feststellungsklage ist und bleibt ihre verjährungshemmende Wirkung. Daran lässt sich nicht mehr rütteln“, erklärte Müller.

Anmeldung von Verbrauchern im Klageregister vereinfacht

Der Bundestag habe zudem noch einige zentrale Forderungen des VZBV kurzfristig im Gesetz verankert. So sei die Anmeldung von Verbrauchern im Klageregister vereinfacht worden. Außerdem sei die Sperrwirkung gelockert worden, nach der ursprünglich nur der Verband hätte klagen dürfen, der die Klage als Erster angemeldet habe.

Das Gesetz sei an manchen Stellen aber auch ein schmerzhafter Kompromiss, so Müller weiter. „Dennoch ist heute ein wichtiger und guter Tag für Verbraucher: Die Muster-Feststellungsklage wird es Geschädigten künftig erleichtern, ihr Recht einzufordern – nicht nur im Volkswagen-Fall, sondern weit darüber hinaus“, erklärte der VZBV-Vorstand.

Der Vorsitzende des Bundes der Versicherten e.V. (BdV) Axel Kleinlein erklärte, der Bund der Versicherten halte die Einführung eines Instruments zur kollektiven Rechtsdurchsetzung für dringend geboten. Der BdV sieht laut Kleinlein in der Muster-Feststellungsklage Möglichkeiten zur Stärkung der Rechte von Verbrauchern. „Der Entwurf entlastet die Verbraucherinnen und Verbraucher allerdings nicht davon, ihre individuellen Forderungen am Ende selbst durchsetzen zu müssen“, erklärte Kleinlein.

Quelle: (verpd)

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