Bei modernen Arbeitsweisen wie bestimmten Arten von Projektarbeiten steht das Ergebnis der Gruppe im Vordergrund. Inwieweit dennoch ein Teammitglied nach dem Abschluss eines Projektes ein schlechteres Arbeitszeugnis erhalten kann als sein Kollege, hatte ein Gericht zu klären.

Den Beschäftigten, die in einer Arbeitsgruppe gemeinsam an einem Projekt arbeiten, dürfen nach dessen Abschluss unterschiedliche Arbeitszeugnisse ausgestellt werden. Dem steht auch der Einsatz bestimmter moderner Arbeitsmethoden nicht entgegen. Das hat das Arbeitsgericht Lübeck mit einem kürzlich veröffentlichten Urteil entschieden (Az.: 4 Ca 2222/19).

Ein Mann war zusammen mit einem Kollegen nach der Scrum-Methode in einer Arbeitsgruppe tätig gewesen. Dabei wurde bei dieser Form agiler Arbeit weitgehend auf fachliche Weisungen durch den Arbeitgeber an die Gruppenmitglieder verzichtet. Stattdessen fand eine Selbstregulierung und -kontrolle innerhalb der Arbeitsgruppe statt. Nach Beenden des Projekts stellte der Arbeitgeber den Beteiligten Arbeitszeugnisse aus. Diese unterschieden sich in der Form der Bewertung voneinander.

Weil sich der Beschäftigte gegenüber seinem Mitstreiter schlechter bewertete fühlte, verlangte er eine Angleichung seines Zeugnisses. Das begründete er damit, dass er deshalb einen Anspruch auf ein gleichlautendes Zeugnis habe, weil in Scrum-Teams die individuelle Arbeitsleistung aufgrund der Typizität dieser Methode nur eine untergeordnete Rolle spiele. Denn vorrangig seien die Ziele des Teams. Seine Leistungen seien daher mindestens ebenso zu bewerten wie die seines Kollegen.

Individuelle Leistungsbewertung

Dieser Argumentation wollte sich das schließlich mit dem Fall befasste Lübecker Arbeitsgericht nicht anschließen. Es wies die Klage des Mannes auf Korrektur seines Arbeitszeugnisses als unbegründet zurück. Nach Überzeugung des Gerichts ist auch in agilen Arbeitsumgebungen unter Einsatz der Scrum-Methode die individuelle Leistung der einzelnen Gruppenmitglieder messbar. Ausschließlich diese sei jedoch für die Tätigkeitsbeschreibung sowie die Bewertung der Leistungen bei der Ausstellung eines Arbeitszeugnisses maßgeblich.

Dem steht nach Meinung des Gerichts nicht entgegen, dass beim Einsatz bestimmter moderner Arbeitsweisen das Gruppenergebnis im Vordergrund steht. Denn diese Methoden würden keine individuelle Leistungsbewertung verhindern.

Der Kläger habe im Übrigen nicht substanziiert dargelegt, warum aus seiner Sicht eine bessere Bewertung seiner Leistung erforderlich sei. Seine Klage habe daher auch aus diesem Grund keinen Erfolg. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falls hat das Arbeitsgericht eine Berufung zum Landesarbeitsgericht zugelassen.

Sich ohne Kostenrisiko wehren

Immer wieder gibt es zwischen Arbeitgebern und ihren ehemaligen Mitarbeitern Streitigkeiten bezüglich der Arbeitszeugnisse. Dabei gibt es, anders wie im genannten Gerichtsfall auch Fälle, wo der Inhalt eines Arbeitszeugnisses tatsächlich nicht gerechtfertigt ist.

Daher ist es wichtig, sich als Arbeitnehmer notfalls auch gerichtlich zu Wehr setzen zu können, wenn man sich ungerecht behandelt fühlt. Allerdings sollte man wissen, dass bei einem Arbeitsrechtsstreit in der ersten Instanz der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer unabhängig vom Ergebnis die jeweiligen Prozesskosten selbst tragen müssen.

Selbst wenn der Arbeitnehmer den Rechtsstreit gewinnt, muss er zum Beispiel seine Anwaltskosten selbst bezahlen. Trotzdem muss man nicht aus finanziellen Gründen grundsätzlich auf sein Recht verzichten. Eine bestehende Privat- und Berufsrechtsschutz-Versicherung übernimmt nämlich im Versicherungsfall die Kosten für derartige, aber auch für zahlreiche andere Streitigkeiten, wenn der Versicherer vorab eine Leistungszusage erteilt hat.

Quelle: (verpd)

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