Ob ein Arbeitnehmer während einer langwierigen Erkrankung abgemahnt werden kann, wenn der Arbeitgeber auf eine amtsärztliche Untersuchung des Beschäftigten wegen seiner Krankheit besteht, dieser jedoch nicht zu dem entsprechenden Termin erscheint, zeigt ein Gerichtsurteil.
Es gehört zu den arbeitsvertraglichen Nebenpflichten eines erkrankten Beschäftigten, sich aus begründetem Anlass auf Wunsch seines Arbeitgebers einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Kommt er dem nicht nach, darf er abgemahnt werden. Das geht aus einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg hervor (Az.: 7 Sa 304/19).
Ein Schreiner, der bei der Ausübung seines Berufes regelmäßig schwer heben und tragen musste, wurde im 16. Jahr seiner Tätigkeit wegen Rückenbeschwerden wiederholt krankgeschrieben. Er konnte seiner Tätigkeit in diesem Jahr daher an insgesamt 75 Tagen nicht nachgehen. Im Folgejahr war keine nennenswerte Krankschreibung zu verzeichnen, doch ein Jahr später war er erneut wegen Rückenbeschwerden für mehrere Wochen arbeitsunfähig.
Bei der Rückkehr an den Arbeitsplatz legte er seinem Arbeitgeber ein Attest seines Arztes vor, wonach er für knapp einen Monat keine Gegenstände mit einem Gewicht von über zehn Kilogramm heben oder ohne Hilfsmittel bewegen durfte. Diese Maßnahme war jedoch nur von kurzem Erfolg gekrönt. Denn nach kurzer Zeit schon fiel der Schreiner für einen Zeitraum von mehr als vier Monaten aus. Das nahm sein Chef zum Anlass, seinen Mitarbeiter dazu aufzufordern, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu stellen.
Abmahnung vom Chef
Mit der amtsärztlichen Untersuchung sollte festgestellt werden, ob und unter welchen Rahmenbedingungen der Mann noch dazu in der Lage war, seinen Beruf auszuüben. Nachdem ein erster Termin auf Veranlassung des Schreiners hin verschoben wurde, nahm er auch den Ersatztermin nicht wahr.
Das begründete der Arbeitnehmer damit, dass er wegen der bestehenden Arbeitsunfähigkeit nicht dazu verpflichtet sei, sich der Untersuchung zu unterziehen.
Anschließend mahnte ihn sein Arbeitgeber ab. Dabei wies er darauf hin, dass es zu den arbeitsvertraglichen Pflichten eines Beschäftigten gehöre, sich einer aus begründeter Veranlassung angeordneten ärztlichen Untersuchung zu stellen. Mit seiner eingereichten Gerichtsklage auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte hatte der Beschäftigte keinen Erfolg.
Auch im Interesse des Klägers
Nach Ansicht der Richter hat der Kläger nicht beweisen können, dass ihm die Teilnahme an der Untersuchung nicht möglich war. Denn dazu sei anders als bei einem Personalgespräch eine Arbeitsfähigkeit am Tag der Untersuchung nicht erforderlich. Der Schreiner könne sich auch nicht auf eine Gefährdung des Genesungsprozesses berufen. Die zähle nämlich zum allgemeinen Lebensrisiko.
Eine derartige Untersuchung komme auch ihm zugute. Denn damit könne festgestellt werden, ob ein Arbeitnehmer dazu in der Lage ist, die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen oder ob der Arbeitgeber Maßnahmen beispielsweise in Form der Einrichtung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes ergreifen müsse. Auf diesem Hintergrund betrachtet sei der Arbeitgeber des Klägers nicht dazu verpflichtet, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen.
Schließlich könne eine Verletzung der Mitwirkungspflicht nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts je nach den Umständen des Einzelfalls sogar dazu geeignet sein, eine gegebenenfalls auch außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Die Richter sahen keine Veranlassung, ein Rechtsmittel gegen ihre Entscheidung zuzulassen.
Kostenschutz bei Arbeitsrechts-Streitigkeiten
Grundsätzlich ist es für einen Arbeitnehmer und Arbeitgeber wichtig zu wissen, dass bei einem Arbeitsrechtsstreit in der ersten Instanz der Kläger und der Angeklagte unabhängig vom Ergebnis jeweils selbst für ihre eigenen Rechtsanwaltskosten aufkommen müssen. Ein Kostenrisiko besteht also in jedem Fall, egal ob der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer den Rechtsstreit angestrengt hat und gewinnt oder verliert. Trotzdem müssen weder der Arbeitnehmer noch der Arbeitgeber aus finanziellen Gründen auf ihr Recht verzichten.
Ein Arbeitnehmer kann sich zum Beispiel gegen eine ungerechtfertigte Kündigung ohne Kostenrisiko gerichtlich wehren, wenn er eine Privat- und Berufsrechtsschutz-Versicherung hat. Eine solche Police übernimmt, sofern Aussicht auf Erfolg besteht und der Versicherer eine Deckungszusage für den Fall vorab erteilt hat, die Kosten für derartige, aber auch für zahlreiche andere Streitigkeiten.
Einen entsprechenden Kostenschutz für Arbeitgeber bietet eine bestehende Firmenrechtsschutz-Versicherung. Sie übernimmt die Anwalts- und sonstigen Prozesskosten für Streitigkeiten mit Arbeitnehmern, aber auch für zahlreiche andere Streitigkeiten, sofern der Versicherer dem vorab zugestimmt hat.
Quelle: (verpd)