Immer wieder kommt es vor, dass ein Bus im öffentlichen Nahverkehr verunfallt und auch Businsassen sich dabei verletzen. Ob ein Fahrgast, der zum Unfallzeitpunkt sitzt und sich dennoch verletzt, eine Mitschuld an den Unfallfolgen treffen kann, hatte ein Gericht zu klären.
Ein Fahrgast eines Busses, der einen Sitzplatz eingenommen hat, ist nicht dazu verpflichtet, sich einen zusätzlichen Halt zu verschaffen, um bei einem Unfall des Verkehrsmittels eine mögliche Verletzung zu verhindern. Das hat das Landgericht Darmstadt mit Urteil entschieden (Az.: 28 O 263/16).
Ein Mann war Fahrgast in einem Linienbus, als dessen Fahrer wegen eines plötzlichen Spurwechsels eines unaufmerksamen Autofahrers eine Vollbremsung einleiten musste. Es kam zu einer Kollision der beiden Fahrzeuge.
Der Fahrgast saß nach eigener Aussage auf einem Sitz zum Mittelgang des Busses und verschaffte sich zusätzlichen Halt, indem er sich mit seiner rechten Hand am vorderen Sitz festhielt. Dennoch erlitt er durch die Vollbremsung eine schwere Schulterverletzung.
Nicht den nötigen festen Halt verschafft?
Wegen der Folgen seiner Verletzung erhob der Mann Schadenersatz- und Schmerzensgeld-Ansprüche gegen den Kfz-Haftpflichtversicherer des Pkw-Fahrers, der den Unfall verursacht hatte.
Der Versicherer behauptete, der erste Anschein spreche dafür, dass sich der Businsasse entgegen den ihm obliegenden Verpflichtungen ganz offenkundig keinen festen Halt verschafft habe. Denn andernfalls wäre es nicht zu der Verletzung gekommen. Im Übrigen sei die Schulterverletzung des Mannes nicht auf den Unfall zurückzuführen. Sie sei vielmehr Ausfluss eines degenerativen Zustands, der bereits vor dem Ereignis bestand.
Kein Mitverschulden am Zustandekommen seiner Verletzung
Dieser Argumentation wollte sich das Darmstädter Landgericht nicht anschließen. Es gab der Klage des Verletzten dem Grunde nach in vollem Umfang statt. Die Richter waren nach der Vernehmung des Busfahrers überzeugt, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt tatsächlich einen Sitzplatz eingenommen hatte. Damit habe er sich den erforderlichen festen Halt verschafft.
Eine Verpflichtung eines Fahrgastes, sich im Sitzen festzuhalten oder sich sonst wie zu verkeilen, um sich gegen abrupte Fahrbewegungen eines Busses zu sichern, bestehe nicht. Dem Kläger könne folglich kein Mitverschulden am Zustandekommen seiner Verletzung angelastet werden.
Degenerative Vorerkrankung hatte keinen direkten Einfluss
Auch den Einwand des beklagten Kfz-Haftpflichtversicherers, dass die Schulterverletzung nicht auf den Unfall zurückzuführen sei, hielt das Gericht für unbegründet. Nach den Feststellungen eines medizinischen Sachverständigen habe die Schulter des Mannes zwar degenerative Veränderungen aufgewiesen. Der Gutachter habe aber auch festgestellt, dass diese keinen unmittelbaren Einfluss auf die Schulterverletzung gehabt hätten.
Ursache sei vielmehr der direkte Anprall des Klägers in dem Bus gewesen. Es komme folglich nicht darauf an, dass die degenerative Vorerkrankung im Bereich der linken Schulter als Reserveursache möglicherweise früher oder später ebenfalls zu einer Schädigung geführt hätte.
Kostenschutz bei Rechtsstreitigkeiten als Fahrgast
Übrigens, in den Fällen, in denen ein Fußgänger oder Fahrgast bei einem Unfall verletzt wird und Aussicht auf Erfolg für seine Forderung nach Schmerzensgeld und Schadenersatz gegenüber dem Unfallgegner besteht, hilft eine private Rechtsschutz-Versicherung weiter.
Denn eine solche Police übernimmt – eine Leistungszusage des Versicherers vorausgesetzt – unter anderem die Anwalts- und sonstigen Prozesskosten für einen solchen Rechtsstreit. Dies gilt nicht nur für den Fall, dass der Rechtsstreit gewonnen wird, sondern auch, wenn man den Prozess verliert.
Quelle: (verpd)