Der Europäische Gerichtshof hat zwei wichtige Urteile zu den Rechten von Fluggästen veröffentlicht. In einem Fall geht es um ein verloren gegangenes Fluggepäckstück und im anderen um die Frage, wie lange ein Fluggast nach einem ausgefallenen Flug eine Ausgleichszahlung beanspruchen kann.

Geht im Rahmen eines gebuchten Fluges ein Koffer verloren, den sich Reisende geteilt haben, hat jeder einzelne von ihnen einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung bis zu dem im Rahmen des Montrealer Abkommens festgelegten Höchstbetrag. Das hat der Europäische Gerichtshof in einem aktuellen Urteil entschieden (Az.: C 410/11). In einem zweiten Streitfall kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass sich die Verjährungsfrist auf Anspruch einer Entschädigung wegen eines Flugausfalls nach den nationalen Rechtsvorschriften des Landes richtet, in dem der Fluggast wohnt (Az.: C-139/11).

Beim Gerichtsfall um einen verloren gegangenen Koffer war eine vierköpfige Familie im Jahr 2008 von Barcelona nach Paris geflogen. Ihr Reisegepäck hatten sie auf zwei Koffer verteilt. Diese gingen während des Fluges verloren und wurden auch nicht wiedergefunden.

Die Reisenden verlangten daher von der Fluggesellschaft die Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 4.400 Euro. Dieser Betrag entsprach der seinerzeitigen Maximalentschädigung, welche eine Fluggesellschaft vier Reisenden nach den Bestimmungen des Montrealer Abkommens bei Verlust ihres Gepäcks zu zahlen hatte.

Nicht von der Aufgabe eines Gepäckstücks abhängig

Die Fluggesellschaft erklärte sich jedoch nur zur Zahlung der Hälfte des geforderten Betrages bereit. Denn nach ihrer Rechtsauffassung bezieht sich die Höchstentschädigung auf das von einem Reisenden aufgegebene Gepäckstück, nicht aber auf die Zahl der Mitreisenden. Doch dem wollten die Richter des Europäischen Gerichtshofs nicht folgen. Sie gaben der Klage der Familie statt.

Für den Fall, dass sich Reisende ein Gepäckstück teilen, hat jeder einzelne von ihnen einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung bis zu dem im Rahmen des Montrealer Abkommens festgelegten Höchstbetrag. Um den Anspruch verwirklichen zu können, müssen die Betroffenen beweisen, dass sich ihr Reisegepäck tatsächlich in einem Gepäckstück eines Mitreisenden befand. Nach Ansicht des Gerichts kann davon bei Reisenden, die ihre Flugscheine zusammen gekauft und gemeinsam eingecheckt haben, in der Regel ausgegangen werden.

Die Fluggesellschaften dürfen den Anspruch auf Entschädigung nicht davon abhängig machen, dass ein Betroffener mindestens ein Gepäckstück aufgegeben hat. Denn das lässt sich nach Ansicht des Gerichts aus dem Montrealer Abkommen nicht ableiten.

Klage auf Ausgleichszahlung

In dem zweiten vom Europäischen Gerichtshof entschiedenen Fall (Az.: C-139/11) ging es um die Klage eines Katalanen, der mehr als drei Jahre, nachdem er Opfer eines Flugausfalls geworden war, gegenüber der Fluggesellschaft Ansprüche auf eine Ausgleichszahlung geltend gemacht hatte.

Zu spät, meinte die Airline. Zur Begründung berief sie sich auf die in den Übereinkünften von Montreal und Warschau vorgesehenen Fristen für die Erhebung von Schadenersatzansprüchen gegenüber Fluggesellschaften, die zwei Jahre beträgt.

Doch auch in diesem Fall stellten sich die Richter auf die Seite des Reisenden. Sie gaben seiner Klage statt.

Nationales Recht

Nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs richtet sich die Frist für die Erhebung von Klagen auf Zahlung der im Recht der Europäischen Union für die Annullierung von Flügen vorgesehenen Ausgleichszahlungen nach den nationalen Vorschriften des Mitgliedstaats, in welchem der Fluggast wohnt. Das bedeutet im Fall des Klägers, dass er zehn Jahre Zeit hat, ehe sein Anspruch verjährt.

In Deutschland beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre, beginnend mit dem Folgejahr, vor welchem sich der Flugausfall ereignete. Diese Zeit sollte reichen, um seine Ansprüche geltend zu machen. Aktuell liegt die Entschädigungshöhe für abhandengekommenes Gepäck nach dem Montrealer Abkommen bei rund 1.330 Euro je Reisenden. Übrigens: Wer eine private Rechtsschutz-Versicherung hat, kann ohne Angst vor den anfallenden Rechtsanwalts-, Sachverständigen- und Gerichtskosten sein Recht notfalls gerichtlich durchsetzen.

Denn hier ist in der Regel automatisch ein sogenannter Vertragsrechtsschutz mit eingeschlossen. Dieser deckt nicht nur Streitigkeiten aus Reiseverträgen, sondern auch aus anderen Alltagsverträgen, beispielsweise aus Kaufverträgen von Ge- und Verbrauchsgütern wie Möbeln oder Elektrogeräten aber auch aus Reparaturaufträgen ab. Darüber hinaus übernimmt eine solche Rechtsschutz-Police im Versicherungsfall die Verteidigungskosten für zahlreiche andere Streitigkeiten. Mehr Informationen hierzu gibt es bei einem Fischer & Fischer Versicherungsexperten.

(verpd)

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