Inwieweit einem Fahrgast eines Linienbusses ein Schadenersatz und ein Schmerzensgeld zustehen, wenn er beim Anfahren hinfällt und sich dabei verletzt, zeigt ein Gerichtsurteil.

Der Fahrer eines Linienbusses hat vor dem Anfahren nur dann zu prüfen, ob ein zugestiegener Fahrgast Halt im Wagen gefunden hat, wenn es aufgrund einer erkennbaren schweren Behinderung des Gastes naheliegt, dass dieser beim Anfahren stürzen könnte. Das hat das Oberlandesgericht Celle jüngst entschieden (Az.: 14 U 70/18).

Eine Seniorin, die kurz nachdem sie in einen Bus eingestiegen war, beim Anfahren gestürzt war und sich dabei erheblich verletzte, machte dafür den Busfahrer verantwortlich. Sie reichte daher eine Klage gegen ihn auf Schadenersatz und Schmerzensgeld ein. Die Klägerin begründete ihre Forderungen damit, dass der Busfahrer habe erkennen können und müssen, dass sie, während er angefahren ist, noch keinen sicheren Halt, geschweige denn einen Sitzplatz gefunden hatte.

Ihm hätte außerdem auffallen müssen, dass sie schon betagt ist und einen Einkaufstrolley mit sich führte, den sie festhalten musste. Der Fahrer habe seine Fahrt daher nicht einfach fortsetzen dürfen. Diesen Argumenten wollten sich jedoch weder das in erster Instanz mit dem Fall befasste Lüneburger Landgericht noch das von der Klägerin in Berufung angerufene Oberlandesgericht Celle anschließen. Beide Gerichte hielten die Klage für unbegründet.

Alter ist kein Kriterium

Nach Ansicht der Richter kann dem Busfahrer keine Pflichtverletzung vorgeworfen werden. Denn Fahrer von Linienbussen und anderen öffentlichen Verkehrsmitteln, die einen Fahrplan einzuhalten haben, seien in der Regel nicht dazu verpflichtet zu kontrollieren, ob Fahrgäste einen Sitzplatz eingenommen oder sich einen sicheren Halt verschafft haben. Sie dürften vielmehr darauf vertrauen, dass die Fahrgäste diesem selbst nachkommen.

„Ein Busfahrer muss sich vor dem Anfahrvorgang daher nur ausnahmsweise vergewissern, ob ein Fahrgast Platz oder Halt im Wagen gefunden hat, wenn eine erkennbare schwere Behinderung des Fahrgastes ihm die Überlegung aufdrängt, dass er ohne besondere Rücksichtnahme gefährdet ist und daher beim Anfahren stürzen könnte“, so das Gericht. Das gelte insbesondere in Fällen von erkennbar gehbehinderten und blinden Fahrgästen.

Allein das Alter eines Fahrgastes ist nach Ansicht der Richter hingegen kein Kriterium, ihm eine besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Dies gilt auch für die Tatsache, dass der Fahrgast, wie die Klägerin, möglicherweise eine rollende Einkaufstasche oder andere große und schwere Gepäckstücke mit sich führt. Denn das allein lasse nicht auf eine Behinderung schließen.

Mangelnde Vorsicht

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei der Busfahrer mit normaler Geschwindigkeit angefahren. Da er zuvor die Türen habe schließen müssen, habe er davon ausgehen dürfen, dass sich die zugestiegene Klägerin in der Zwischenzeit einen sicheren Halt verschafft hatte. Denn sie habe damit rechnen müssen, dass es bei der Weiterfahrt zu einem „Ruckeln“ kommen werde.

Im Übrigen hätten unmittelbar im Bereich des Fahrers freie Sitzplätze und Haltestangen und Griffe zur Verfügung gestanden. Unter Berücksichtigung der Regeln des Beweises des ersten Anscheins sei daher davon auszugehen, dass der Sturz der Klägerin auf deren mangelnde Vorsicht zurückzuführen ist. Sie geht daher leer aus. Das Landgericht Bremen war im Jahr 2011 in einem ähnlichen Fall zu einer vergleichbaren Einschätzung wie das Celler Oberlandesgericht gelangt.

Wenn, wie im beschriebenen Fall, kein anderer für mögliche Unfallfolgen haftet, ist es grundsätzlich gut, eine private Absicherung zu haben. Denn diese kann beispielsweise finanzielle (Mehr-)Aufwendungen, die durch unfallbedingte Verletzungsfolgen notwendig werden, abdecken. Ein Versicherungsfachmann berät über Vorsorgemöglichkeiten, um im Fall eines unfallbedingten Krankenhausaufenthaltes, einer bleibenden Invalidität und bei Berufstätigen einer unfallbedingten Berufsunfähigkeit mögliche Einkommensausfälle und zusätzliche Kosten abdecken zu können.

Quelle: (verpd)

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