Welche Erkrankungen besonders oft Leistungsauslöser für eine Berufsunfähigkeit sind, zeigt eine aktuelle Datenauswertung. Je nach Alter der Betroffenen sind gravierende Unterschiede erkennbar.
Rund 14,5 Millionen Erwerbstätige haben nicht zuletzt aufgrund der fehlenden gesetzlichen Absicherung eine private Berufsunfähigkeitsversicherung. Eine Datenauswertung von Policen, die eine entsprechende Versicherungsleistung erbracht haben, belegt, dass psychische und Nervenerkrankungen mit einem Anteil von über einem Drittel die häufigste Ursache für eine eintretende Berufsunfähigkeit sind. Deutliche Abweichungen gibt es in verschiedenen Altersgruppen vor allem bei den Ursachen Unfälle und Herz-/Kreislauferkrankungen.
Ist ein Arbeitnehmer grundsätzlich erwerbsfähig, kann aber aufgrund eines psychischen oder physischen Leidens in seinem erlernten oder bisher ausgeübten Beruf nicht mehr weiterarbeiten, hat er keinen Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Renten- oder Unfallversicherung.
Beispielsweise haben Personen, die nach dem 1. Januar 1961 geboren sind, und berufsunfähig werden seit 2001 keinen Anspruch mehr auf eine gesetzliche Berufsunfähigkeitsrente von der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV).
Gesetzliche Absicherungslücken
Nur wer keiner oder maximal bis zu sechs Stunden täglich irgendeiner anderen Erwerbstätigkeit – selbst wenn diese schlechter bezahlt wird als die bisher ausgeübte – nachgehen kann, hat einen Anspruch auf eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente der GRV. Vorausgesetzt die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind erfüllt.
Die private Versicherungswirtschaft bietet mit der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung (BU-Versicherung) eine Lösung an, mit der sich der fehlende gesetzliche Versicherungsschutz absichern lässt. Dieser Versicherungsschutz ist als Einzelpolice oder als Zusatzleistung innerhalb einer Lebens- oder Rentenversicherung erhältlich. Aktuell bestehen laut dem Analysehaus Morgen & Morgen GmbH (M&M) 14,5 Millionen private BU-Versicherungsverträge.
Hauptursache: psychische Erkrankungen und Nervenleiden
Nervenerkrankungen, zu denen auch psychische Erkrankungen wie Burn-out, Angststörungen oder Depressionen zählen, sind die häufigste Ursache für Leistungsfälle aus einer solchen BU-Versicherung.
Mehr als jeder dritte dieser BU-Fälle im Jahr 2022, für die eine BU-Versicherung leistete, konkret 34,2 Prozent, war auf eine solche Erkrankung zurückzuführen. Dies hat das genannten Analysehaus im Rahmen einer jüngst veröffentlichen Studie bekannt gegeben.
Jede 14. Berufsunfähigkeit wird durch Unfälle verursacht
An zweiter Stelle liegen den M&M-Daten zufolge Erkrankungen des Skelett- und Bewegungsapparates. Auf ihr Konto geht etwa fast jeder fünfte BU-Fall (19,4 Prozent). Mehr als ein Sechstel der Fälle beziehungsweise 17,4 Prozent ist auf Krebs und andere bösartige Geschwulste zurückzuführen.
Unfälle sind in etwa jedem 14. Leistungsfall (7,2 Prozent) der Grund für die Berufsunfähigkeit, Erkrankungen des Herzens und des Gefäßsystems dagegen in 6,3 Prozent der Fälle. Sonstige Erkrankungen machen das verbleibende knappe Sechstel (15,6 Prozent) aus.
Starke Zunahme der psychischen und Nervenerkrankungen
Im zeitlichen Verlauf hat sich die Verteilung der BU-Ursachen auffällig verändert. Der Anteil von Nerven- und psychischen Erkrankungen hat seit Jahren deutlich zugenommen. Im Jahr 2007 war der Anteil noch um fast ein Drittel niedriger als 2022.
Auch Krebs und andere bösartige Geschwülste als BU-Ursache haben im Laufe der Jahre deutlich zugenommen. Der Anteil stieg im Betrachtungszeitraum, also seit 2007 bis 2022, um etwa ein Fünftel und hat sich zuletzt zwischen 17 und 18 Prozent eingependelt.
Erkrankungen des Skelett- und Bewegungsapparates, die bis 2009 noch die häufigste BU-Ursache darstellten, haben bis 2022 anteilsmäßig um rund fünf Prozentpunkte verloren und liegen seit 2009 auf dem zweiten, statt wie bisher auf dem ersten Platz der häufigsten BU-Ursachen. Der aktuelle Wert markiert auf 16-Jahressicht einen neuen Tiefststand.
Um über 40 Prozent abgenommen hat der Anteil der Erkrankungen des Herzens und des Gefäßsystems bei den Gründen für eine Berufsunfähigkeit. Auch der Anteil der Unfälle ist auf lange Sicht gesehen rückläufig (minus über vier Prozentpunkte im Vergleich zum Höchststand in 2008).
Ursache Psyche im jüngeren und mittleren Alter tendenziell häufiger
Das Analysehaus hat die BU-Ursachen auch nach Altersklassen aufgeschlüsselt (bis 40 Jahre, 41 bis 50 Jahre sowie ab 51 Jahre). Demnach waren psychische Erkrankungen im Alter von 41 bis 50 Jahren in 33,7 Prozent und vor allem in jüngeren Jahren bis 40 Jahren in 35,2 Prozent tendenziell häufiger die BU-Ursache als in der Altersgruppe ab 51 Jahren – hier lag der Anteil bei 29,6 Prozent. Dies war neun Jahren zuvor noch genau andersherum gewesen.
Mit dem zunehmenden Alter nimmt auch der Anteil von Unfällen als BU-Ursache deutlich ab. Er liegt bei den bis 40-Jährigen mit 11,0 Prozent fast doppelt so hoch wie bei den Betroffenen ab 51 Jahren mit 6,2 Prozent. Bei den 41- bis 50-Jährigen waren es 7,7 Prozent.
Genau umgekehrt verhält es sich bei Krebs und anderen bösartigen Geschwülsten. Diese sind bei den Personen ab 41 Jahren mit knapp 18,6 Prozent und 18,7 Prozent deutlich häufiger Leistungsauslöser als bei den Jüngeren, also den bis 40-Jährigen mit knapp 16,0 Prozent. Auch Erkrankungen des Skelett- und Bewegungsapparates treten bei den Älteren tendenziell häufiger als Grund für eine Berufsunfähigkeit auf.
Hier lag der Anteil der bis 40-Jährigen, die deswegen erstmals in 2022 eine BU-Leistung beanspruchten, bei 16,3 Prozent. Bei den 41- bis 50-Jährigen waren es 18,6 Prozent und bei den ab 51-Jährigen 20,7 Prozent. Wenig überraschend ist, dass diese Tendenz besonders deutlich auch bei Herz- und Gefäßerkrankungen zu beobachten ist. Hier lag der Anteil bei den bis 40-Jährigen bei vier Prozent, bei den 41- bis 50-Jährigen bei 6,2 Prozent und bei den ab 51-Jährigen bei 8,7 Prozent.
Quelle: (verpd)