Ob die Fußbekleidung eines Motorradfahrers bei der Festlegung der Schmerzensgeldansprüche eine Rolle spielt, wenn der Biker sich bei einem Unfall verletzt hat, der durch einen anderen Verkehrsteilnehmer verursacht wurde, hatte ein Gericht zu klären.
Einem Motorradfahrer, der bei einem Verkehrsunfall eine schwere Fußverletzung erlitten hat, weil er mit Gartenclogs unterwegs war, darf nicht das Schmerzensgeld gekürzt werden. Das geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Brandenburg hervor (12 U 107/23).
Eine Frau war mit ihrem Pkw vom rechten Straßenrand nach links blinkend angefahren. Etwa 20 bis 30 Meter weiter bog sie nach links in eine Grundstückseinfahrt ein, um in die Gegenrichtung wenden zu können. Der Blinker ihres Fahrzeugs war während des gesamten Vorgangs eingeschaltet.
Das hatte der sich von hinten mit dem Motorrad seines Vaters nähernde Mann falsch gedeutet. Er war davon ausgegangen, dass die Frau nach dem Ausfahren aus der Parklücke vergessen hatte, den Blinker wieder auszuschalten. Er setzte daher zum Überholen an. Im gleichen Augenblick bog die Beklagte in die Grundstückseinfahrt ein. Das hatte zur Folge, dass die beiden Fahrzeuge kollidierten.
Mitverschulden des Motorradfahrers
Für seine dabei erlittenen Verletzungen hielt der Biker allein die Autofahrerin verantwortlich und klagte vor Gericht seine Schadenersatzforderungen und ein Schmerzengeld ein. Es sei seiner Ansicht nach offensichtlich, dass sie sich vor dem Abbiegevorgang nicht ausreichend nach hinten orientiert habe. Denn sonst hätte sie ihn wahrgenommen.
Letzterem schloss sich das Brandenburger Oberlandesgericht an. Es ging jedoch von einem Mitverschulden des Motorradfahrers von einem Drittel aus.
Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung
Nach Ansicht der Richter hat die Beklagte gegen § 9 (5) StVO (Straßenverkehrsordnung) verstoßen. Danach müsse sich ein Fahrzeugführer beim Abbiegen auf ein Grundstück so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen sei. Bei einer Kollision mit einem überholenden Fahrzeug stehe daher allein schon der Anscheinbeweis für ein Verschulden der Autofahrerin.
Sie sei im Übrigen dazu verpflichtet gewesen, den Blinker nach dem Anfahren vom Straßenrand auszuschalten. Denn wer kurz hintereinander zweimal abbiegen beziehungsweise vom Straßenrand anfahren wolle, müsse das Richtungszeichen nach dem ersten Vorgang deutlich unterbrechen.
Nicht angemessene Kleidung
Den klagenden Biker treffe jedoch ein Mitverschulden. Wegen des nicht unterbrochenen Blinkens habe sich für ihn eine unklare Verkehrslage ergeben. Er habe nicht verlässlich beurteilen können, was die Beklagte im Schilde führte. Daher hätte er deren Auto nicht überholen dürfen.
Ein weitergehendes Mitverschulden wegen nicht angemessener Kleidung rechneten die Richter dem jungen Mann nicht an. Er sei zwar nur mit losen Gartenclogs unterwegs gewesen und habe sich eine schwere Fußverletzung zugezogen. Es sei jedoch nicht erwiesen, dass eine konkrete Fußbekleidung bei Motorradfahrern dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein entspreche. Die Richter sahen keine Veranlassung, eine Revision gegen ihre Entscheidung zuzulassen.
Tipp: Hat ein Pkw- oder auch ein Motorradfahrer eine Verkehrsrechtsschutzpolice, kann er nach einem Verkehrsunfall ohne Kostenrisiko sein Recht vor Gericht gegenüber dem Unfallgegner und dessen Kfz-Versicherung einfordern.
Eine solche Police deckt unter anderem die für das Durchsetzen von berechtigten Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüchen notwendigen Anwalts- und sonstigen Prozesskosten ab, wenn Aussicht auf Erfolg besteht und der Versicherer für den Streitfall eine Deckungszusage erteilt hat. Die Kosten werden auch übernommen, wenn der Prozess verloren wird.
Quelle: (verpd)