Wer beweispflichtig ist, wenn ein Arbeitgeber glaubt, dass sich einer seiner Beschäftigten im Homeoffice vor der Arbeit drückt, verdeutlicht ein Urteil eines Arbeitsgerichtes.
Grundsätzlich trifft einen Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass und in welchem Umfang ein Beschäftigter seine Arbeitspflicht nicht erfüllt hat. Das gilt auch bei Arbeitsleistungen im Homeoffice. Dies entschied Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern in einem Urteil (5 Sa 15/23).
Eine diplomierte Pflegemanagerin war für den Betreiber einer Pflegeeinrichtung als Angestellte tätig. Es war ihr erlaubt, einen Teil ihrer Arbeit im Homeoffice zu erledigen.
Das betraf insbesondere Arbeiten an einem Qualitätshandbuch sowie die an anderen für die Einrichtung erforderlichen Unterlagen. Ihre Arbeitszeiten musste die Managerin anhand monatlich vorzulegender Tabellen erfassen. In denen waren der tägliche Arbeitsbeginn sowie das Arbeitsende dokumentiert.
300 Stunden nicht gearbeitet?
Nachdem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich gekündigt hatte, forderte er von der Beschäftigten einen Teil des ihr gezahlten Gehalts zurück. Das begründete er damit, dass sie für die Arbeiten im Homeoffice rund 300 Stunden angegeben habe, ohne einen Nachweis zu erbringen, dass sie während dieser Zeit gearbeitet hat. Sie habe vielmehr wahrheitswidrig vorgetäuscht, an dem Qualitätshandbuch zu arbeiten.
Die Pflegemanagerin räumte zwar ein, die Arbeiten an dem Handbuch nicht abschließend erledigt zu haben. Dies sei jedoch dem Umstand geschuldet, dass sie sich während der Zeit im Homeoffice auch anderen betrieblichen Belangen habe widmen müssen. Das würde durch zahlreiche E-Mails mit ihren Kollegen belegt.
Nachweis ist Sache des Arbeitgebers
Weil man sich nicht einigen konnte, landete der Fall vor Gericht. Dort erlitt der Arbeitgeber sowohl vor dem Arbeitsgericht Stralsund als auch vor dem in Berufung mit dem Fall befassten Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern eine Niederlage.
Nach Ansicht der Richter trägt grundsätzlich ein Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass und in welchem Umfang ein Arbeitnehmer seine Arbeitspflicht nicht erfüllt hat. Auf die entsprechende Behauptung des Arbeitgebers habe der Beschäftigte sodann substantiiert zu reagieren. Das gelte auch in Fällen von Arbeitsleistungen im Homeoffice.
Kein Beleg für Vortäuschen
Die Behauptung des Arbeitgebers, dass die Beschäftigte ihre Tätigkeit im Homeoffice für rund 300 Stunden nur vorgetäuscht habe, habe er nicht belegen können.
„Denn die Beschäftigte hat im Homeoffice verschiedene Arbeitsleistungen erbracht, was sich insbesondere aus E-Mails ergibt, die die Klägerin an solchen Tagen an die Beklagte oder an dort Beschäftigte versandt hat. Soweit den E-Mails Anlagen beigefügt waren, lassen diese auf weitere vorangegangene Arbeitsleistungen schließen“, so das Gericht.
Die Klägerin habe ihrem Arbeitgeber zwar nicht eine komplette und abschließend überarbeitete Fassung des Qualitätshandbuchs übersandt. Daraus ergebe sich jedoch nicht, dass sie wie behauptet, im Homeoffice überhaupt nicht gearbeitet habe. Ein Arbeitnehmer genüge seiner Leistungsverpflichtung bereits dann, „wenn er unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeitet“.
Kein Anspruch auf eine teilweise Rückzahlung des Gehalts
Im Übrigen habe der Arbeitgeber weder dargelegt noch bewiesen, dass die Pflegemanagerin zumindest an einzelnen Tagen oder Stunden gar nicht gearbeitet und welche Tage und Stunden das betroffen habe. Ihm stehe folglich kein Anspruch auf eine teilweise Rückzahlung des Gehalts zu. Gründe für die Zulassung einer Revision sahen die Richter nicht.
Wie der Fall zeigt, ist es manchmal notwendig sich als Arbeitnehmer gegen eine ungerechte Maßnahme des Arbeitgebers zu wehren. In dem Fall kann der Weg vor das Arbeitsgericht für den Arbeitnehmer durchaus sinnvoll sein. Doch bei Arbeitsrechtsverfahren muss jede Streitpartei – auch diejenige, die den Rechtsstreit gewinnt – die eigenen Prozess- und Anwaltskosten selbst bezahlen.
Arbeitnehmer, die eine Privatrechtsschutz-Versicherung haben, bei der ein Berufsrechtsschutz enthalten ist, entgehen jedoch diesem Kostenrisiko, wenn der Rechtsschutz-Versicherer vorher eine Leistungszusage gegeben hat.
Quelle: (verpd)