Inwieweit es rechtens ist, wenn ein Arbeitgeber zum normalen Gehalt das Urlaubs- und Weihnachtsgeld hinzurechnet, um die gesetzlich festgelegte Lohnuntergrenze beziehungsweise den Mindestlohn von 8,50 Euro zu erreichen, zeigt ein Gerichtsurteil.

Wenn das Urlaubs- und Weihnachtsgeld monatlich mit dem Bruttogehalt ausbezahlt wird, handelt es sich in der Regel um Gehaltsbestandsteile, die bei der Berechnung eines Stundenlohns zu berücksichtigen sind. Das gilt nach einem Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart (Az.: 11 Ca 6834/15).

Eine als Teilzeitkraft beschäftigte Frau hatte ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von etwas mehr als 1.020 Euro. In diesem Betrag waren anteilige Sonderzahlungen für ein Urlaubs- und Weihnachtsgeld enthalten. Ohne diese Sonderzahlungen wäre der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde nicht erreicht worden.

Da es nach Ansicht der Arbeitnehmerin nicht statthaft ist, Sonderzahlungen auf den Mindestlohn anzurechnen, verlangte sie eine Gehaltsnachzahlung. Als der Arbeitgeber dies ablehnte, zog die Frau vor Gericht. Ohne Erfolg. Das Stuttgarter Arbeitsgericht wies die Klage als unbegründet zurück.

Echte Gehaltsbestandteile

Nach Überzeugung des Gerichts sind insbesondere monatlich mit dem eigentlichen Bruttogehalt ausgezahlte Sonderzahlungen wie ein Urlaubs- und Weihnachtsgeld echte Gehaltsbestandteile. Denn mit derartigen Zahlungen würden keine anderen Ziele als die Förderung der Betriebstreue beziehungsweise eine Unterstützung bei der Finanzierung des Erholungsbedürfnisses eines Beschäftigten verfolgt.

Würde durch solche Sonderzahlungen der Mindestlohn erreicht, so sei das nicht zu beanstanden. Das gilt nach Meinung des Gerichts auch dann, wenn ein Arbeitgeber wie im Fall der Klägerin ausdrücklich darauf hinweist, dass es sich um „freiwillige Zahlungen“ handelt. Denn ein Arbeitgeber sei nicht dazu berechtigt, bereits gezahlte Beträge einseitig zu widerrufen. Das Arbeitsgericht Herne war im letzten Sommer in einem ähnlichen Fall zu einer vergleichbaren Einschätzung gelangt. Anders als ihre Stuttgarter Kollegen machten die Richter die Rechtmäßigkeit der Anrechenbarkeit allerdings davon abhängig, dass es sich bei den Sonderzahlungen um unwiderrufliche Ansprüche handelt.

Vor Kurzem hat auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Urteil (Az.: 5 AZR 135/16) entschieden, dass Arbeitgeber zwar ein monatlich ausbezahltes Urlaubs- und Weihnachtsgeld, aber auch Zuschläge für Nachtarbeit auf den Mindestlohn anrechnen dürfen. Dies gelte allerdings nicht für Überstunden-, Sonn- und Feiertagsarbeits-Zuschläge sowie für Jahres-Sonderzahlungen.

Wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber uneins sind

Detaillierte Informationen rund um den Mindestlohn sind im Webportal www.der-mindestlohn-gilt.de des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) zu finden. Fragen zum Thema können auch direkt unter der Mindestlohn-Hotline des BMAS unter der Telefonnummer 030 60280028 gestellt werden.

Generell zu beachten: Kommt es zu Gerichtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, beispielsweise wegen des Gehalts, des Urlaubsanspruchs oder einer Kündigung, trägt jede Streitpartei ein Kostenrisiko. Denn bei Arbeitsgerichts-Verfahren muss im Gegensatz zu anderen Gerichtsbarkeiten jede Streitpartei in der ersten Instanz seine eigenen Rechtsanwaltskosten selbst tragen und zwar unabhängig vom Ergebnis, also ob sie gewonnen oder verloren hat.

Eine bestehende Privat- und Berufsrechtsschutz-Versicherung würde für einen versicherten Arbeitnehmer jedoch im Versicherungsfall, wenn der Versicherer vorher eine Leistungszusage erteilt hat, die Kosten für derartige, aber auch für zahlreiche andere Streitfälle übernehmen.

Quelle: (verpd)

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