Nicht nur wegen Corona, auch infolge Wetterwarnungen oder sonstiger Umstände, kann es sein, dass Schüler nicht in der Schule unterrichtet werden, sondern über das Internet zu Hause. In welchen Fällen hier bei einem Unfall die gesetzliche Unfallversicherung leisten muss, zeigt ein Gerichtsurteil.
Erleidet ein Schüler während einer Unterrichtseinheit im digitalen Fernunterricht (Homeschooling) einen Unfall, so hat er in der Regel Ansprüche auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Das geht aus einem vom Sozialgericht München veröffentlichten Urteil (S 9 U 158/22) hervor.
Eine seinerzeit 13-Jährige hatte während der Corona-Pandemie von zu Hause aus an einer Lehrveranstaltung ihrer Schule mittels Videotechnik teilgenommen. Als sie während des Unterrichts ein Buch holen wollte, stürzte sie. Dabei zog sie sich erhebliche Gesichtsverletzungen zu.
Unfallversicherer erkennt Sturz während digitalen Unterrichts nicht an
Ihr Antrag auf Leistungen durch die gesetzliche Unfallversicherung wurde abgelehnt. Der Versicherer erklärte, dass Schüler beim Besuch des Unterrichts versichert seien. Das gelte allerdings nur beim Präsenzunterricht in einer Schule unter Beaufsichtigung und Anleitung einer Lehrkraft.
Eine Aufsicht könne im digitalen Fernunterricht jedoch nicht stattfinden, zumal bei der Veranstaltung, während derer sich das Mädchen verletzt habe, die Kameras und die Mikrofone der Schüler abgeschaltet gewesen seien.
Diese Argumentation überzeugte das Münchener Sozialgericht nicht. Es gab der Klage der Schülerin als Anerkennung des Zwischenfalls als Arbeitsunfall statt.
Kein rechtlicher Unterschied zwischen Präsenz- und Home-Unterricht
Nach Ansicht des Gerichts habe das Holen des Buches durch die Teenagerin in einem engen Zusammenhang mit dem digitalen Fernunterricht gestanden. Der Versicherungsschutz sei daher nicht unterbrochen gewesen.
Es sei auch nicht entscheidend, dass die Kameras und die Mikrofone zu diesem Zeitpunkt ausgeschaltet gewesen seien. Laut der Beweisaufnahme habe die Lehrkraft zu jeder Zeit über einzelne Anweisungen zum Bedienen der Geräte in Kontakt mit den Schülerinnen und Schülern treten können.
Zudem habe der Gesetzgeber mit Ergänzungen beziehungsweise Änderungen der gesetzlichen Vorschriften zur Unfallversicherung klargestellt, dass auch die Arbeit im Homeoffice in gleicher Weise versichert sei, wie jene im Betrieb. Das müsse folglich auch für Unfälle von Teilnehmern beim digitalen Fernunterricht gelten.
Für einen Rundumschutz
Eltern, die wünschen, dass ihr Kind bei jeder Art von Unfall umfassend abgesichert ist, sollten sich prinzipiell jedoch nicht nur auf die gesetzliche Unfallabsicherung verlassen. Zum einen reichen die Leistungen insbesondere bei einem bleibenden Unfallschaden oftmals nicht aus, um die finanziellen Mehrkosten beispielsweise nach einer unfallbedingten Invalidität abzudecken.
Zum anderen stehen Unfälle, die sich in der Freizeit ereignen – und das sind statistisch gesehen die meisten – nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Im Gegensatz dazu leistet eine private Unfallversicherung unabhängig davon, ob sich ein Unfall in der Schule oder in der Freizeit ereignet.
Zudem kann, anders als bei der gesetzlichen Absicherung, jeder die Art und Höhe der Leistungen in einer privaten Unfallpolice selbst wählen. So lässt sich die Höhe einer Kapitalsumme und/oder einer Rentenzahlung, die nach einer unfallbedingten Invalidität fällig wird, mit dem Versicherer frei vereinbaren. Zudem können optional weitere Leistungen wie die Übernahme von Bergungs- und Suchkosten, ein Krankenhaustagegeld oder auch kosmetische Operationskosten mitversichert werden.
Quelle: (verpd)