Die Schuldfrage ist auch bei Unfällen auf Parkplätzen nicht immer klar. Ein Gericht musste beispielsweise klären, welcher Autofahrer die Schuld trägt, wenn zwei rückwärtsfahrende Fahrzeuge auf einem Parkplatz kollidieren. Kollidieren auf einem Parkplatz zwei rückwärts aus sich gegenüberliegenden Parkbuchten ausfahrende Fahrzeuge, so haftet derjenige Fahrzeugführer, der sein Auto vor der Kollision zum Stehen gebracht hat, in der Regel nur aus der Betriebsgefahr seines Fahrzeugs. Das hat das Landgericht Saarbrücken entschieden (Az.: 13 S 122/12).
Immer wieder kann man auf Parkplätzen beobachten, wie zwei Autofahrer gleichzeitig rückwärts aus gegenüberliegenden Parkbuchten fahren. Doch wenn jeder Fahrer dabei auf sein vermeintliches Recht pocht, anstatt sich mit dem anderen zu verständigen, wer zuerst fahren soll, kann es leicht zu einem Zusammenstoß kommen. So auch in dem vom Saarbrücker Landgericht entschiedenen Fall.

Schadenteilung?

Zwei Frauen wollten rückwärts aus ihren Parkbuchten ausfahren. Beide Fahrzeuge wurden zu ungefähr gleicher Zeit in Bewegung gesetzt. Als eine Fahrerin merkte, dass es eng werden würde, hielt sie im Gegensatz zur anderen allerdings an. Kurz darauf fuhr die Weiterfahrende in das Heck des stehenden Autos.

Die Autofahrerin, die als Erste anhielt, war der Meinung, dass sie keine Schuld am Unfall traf und forderte daher vor Gericht einen Schadenersatz gegen die Fahrzeuglenkerin, die nicht angehalten hatte und gegen das Heck ihres Pkws gefahren war.

Das in der ersten Instanz mit dem Fall befasste Saarbrücker Amtsgericht hielt es nach Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens zwar für erwiesen, dass das Fahrzeug der Klägerin zum Zeitpunkt der Kollision tatsächlich gestanden hatte. Das Gericht war jedoch der Meinung, dass beide Fahrzeugführer in gleichem Maße gegen das Gebot der allgemeinen Rücksichtnahme gemäß Paragraf 1 StVO (Straßenverkehrsordnung) verstoßen hatten. Es sprach sich daher für eine Schadenteilung aus.

Rechtzeitig angehalten

Doch dem wollte das von der Klägerin in Berufung angerufene Saarbrücker Landgericht nicht folgen. Es gab der Schadenersatzklage überwiegend statt.

Nach Ansicht des Gerichts müssen Fahrzeugführer auf Parkplätzen stets mit ausparkenden und rückwärtsfahrenden Fahrzeugen rechnen. Sie müssen ihre Geschwindigkeit daher so einrichten, dass sie ihr Fahrzeug notfalls sofort anhalten können.

Dieser Verpflichtung ist die Klägerin nachgekommen. Denn sie hat ihr Fahrzeug rechtzeitig vor der Kollision angehalten. In der Urteilsbegründung heißt es dazu: „Anders als im fließenden Verkehr genügt der Rückwärtsfahrer im ruhenden Verkehr nämlich regelmäßig den ihn treffenden Pflichten, wenn er so bremsbereit fährt, dass er jederzeit vorkollisionär anhalten kann.“

Haftung aus Betriebsgefahr

Die Klägerin muss sich allerdings die Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs anrechnen lassen. Nach Meinung des Gerichts hat sie sich nämlich nicht wie ein „Idealfahrer“ im Sinne von Paragraf 17 Absatz 3 StVG (Straßenverkehrsgesetz) verhalten.

Ein Idealfahrer an der Stelle der Klägerin hätte nämlich die Möglichkeit eines Ausparkens des Beklagten in Betracht gezogen und den eigenen Ausparkvorgang früher unterbrochen oder notfalls ganz zurückgestellt, wenn er eine Kollision bis zum vollständigen Abschluss des Ausparkvorgangs nicht hätte ausschließen können, so das Gericht.

Die Klägerin hat daher 20 Prozent ihres Schadens selbst zu tragen. Wie sehr es bei Parkplatzunfällen auf die Umstände des Einzelfalls ankommt, belegt ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamm, auf welches sich das Landgericht Saarbrücken ausdrücklich bezieht.

Von den Umständen des Einzelfalls

Auch in diesem Fall waren zwei Fahrzeugführer rückwärtsgefahren, ehe ihre Fahrzeuge miteinander kollidierten. Einer der beiden Fahrzeugführer befand sich jedoch auf der Suche nach einer Parklücke, das heißt, die Fahrzeuge standen sich nicht wie in dem vom Saarbrücker Landgericht entschiedenen Fall gegenüber. Die Richter des Oberlandesgerichts Hamm entschieden daher auf Schadenteilung.

Tipp: Wer als Unfallbeteiligter die Reparaturkosten seines Autos nicht oder nur teilweise bezahlt bekommt, muss nicht auf diesen Kosten sitzen bleiben. Eine Vollkasko-Versicherung leistet nämlich unter anderem für Unfallschäden am Fahrzeug, für die kein anderer haftet, wie im geschilderten Fall.

Allerdings kommt es dann auch zu einer Höherstufung des Schadenfreiheitsrabatts in der Vollkasko-Police. Je nach Schadenhöhe kann es sinnvoll sein, beim Kfz-Versicherer nachzufragen, ob es langfristig gesehen besser ist, den Schaden aus der eigenen Tasche zu zahlen oder über die Vollkaskoversicherung abzurechnen. Übrigens: Eine Verkehrsrechtschutz-Police übernimmt, wenn der Versicherer eine Leistungszusage gibt, die Kosten für die Geltendmachung der eigenen Schadenersatzansprüche beim Unfallgegner per Anwalt und wenn nötig auch vor Gericht.

(verpd)

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